Missale
EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
in folgender Fassung: |} ü} a 5 > ; G . — Hinsichtlich der Ur-
heberschaft der Gemälde En fing > > {) wurden bisher bald
Schongauer, bald Wohlgemuth, bald Dürer genannt. Wir können uns ‚für keinen
dieser Meister entscheiden und sind vielmehr auf Grund sorgfältiger Vergleichung
und Erwägung zu der Ansicht gelangt, dass diese Arbeiten für die Schwäbische
Malerschule in ihrer Augsburger Verzweigung und zwar für die Schule Hans Hol-
bein des Aelteren zu beanspruchen sind. Diese Schule bewegte sich in den ent-
schiedensten Gegensätzen. Bei Darstellung heiliger Personen gebot sie über eine
glückliche Verbindung von Adel der Form und Hoheit des Charakters in den Ge-
sichtszügen, und dafür spricht im vorliegenden Falle das Veronikabild, das des Führers
der Schule selbst nicht unwürdig ist. Anderseits gefiel sich die Schule bei geistig
verworfenen Personen, zumal auf ihren Passionsbildern — im Sinn der volksthüm-
lichen Anschauung, das Hässliche sei auch das Böse — in widrigen Zerrbildern, wo-
für die Peiniger in der Dornenkrönung und Verspottung Christi Zeugniss geben.
Ob die Bilderserie in Tempera, ob in Oel, ob in Verbindung beider Verfahrungs-
weisen gemalt ist, lässt sich durch den Augenschein nicht erkennen und kann nur
durch genaue technische Prüfung nachgewiesen werden.
Eine Missale, ohne Jahrzahl und Druckort, dürfte in Anbetracht seiner
gothischen Lettern in den Uebergang vom 15. in’s 16. Jahrhundert zu setzen und mit-
hin noch als Inkunabel zu betrachten sein. Auf diese Zeitstellung deutet auch der
eingeklebte kolorirte Holzschnitt einer Kreuzigung sowie die auf rothem und grünem
Grunde ornamentirte Majuskel T in den Eingangsworten des canon missae: Te igitur
u.s. w. Der Ledereinband ist jüngeren Ursprunges; seine renaissancemässigen Ro-
setten und herzförmigen Palmetten gehören der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts
an. — Die hiermit erörterten, im obenerwähnten gothischen Sakristeischrank aufbe-
wahrten Kunstgegenstände sind die letzten Ueberreste des einst so reichhaltigen
mittelaltrigen Kirchenschatzes.*)
*) Ein dem Verfasser zur Verfügung gestellter » Auszug aus dem Berichte des Grossherz2og-
lichen Kreisbauamts Erbach d. d. 20. December 1865, betreffend die Herstellung der evange-
lischen Stadtkirche zu Wimpfen am Berg«, sagt von der Sakristei: ».Sre enthält ausser einer
ziemlich reichen Bibliothek, werthvolle Messgewänder, Teppichstücke, Kelche und ein Hostienkäst-
chen aus dem Mittelalter, letzteres mit Malereien von Albrecht Duerer.« — Jetzt ist von der
»ziemlich reichen Bibliothek«, mit Ausnahme des soeben erwähnten Missale, Nichts mehr übrig;
von alten » Äelchen« nur der oben erörterte Messkelch; unter dem » Zostienkästchen« ist jedenfalls
der Korporalienschrein zu verstehen; von »werthvollen Messgewändern und Teppichstücken« hin-
gegen hatte die Sakristei bei unserem Besuche im Sommer 1890 Nichts mehr aufzuweisen. Auch
von einer dreitheiligen Altartafel (Triptychon) mit auf Leinwand gemalten Bildern, ferner von Go-
belins aus dem ı5. Jahrhundert und den drei Degen der in der Schlacht bei Wimpfen gefallenen
Offiziere v. Fleckenstein, Koch und v. Rotenhan — was Alles in den I870 erschienenen Schriften
von L, Frohnhäuser und L. v. Lorent als »rn der Sakristei Erwähnenswerthes« verzeichnet steht
— ist an Ort und Stelle nichts mehr vorhanden. Einigen Aufschluss über die Veräusserung dieser
Objekte enthält ein von Herrn Reallehrer J. Eck zu Wimpfen uns mitgetheilter Vermerk des
evangelischen Kirchenrechners, wonach in den Rechnungsjahren 1883/84 »Kunstgegenstände« an
das Grossherzogliche Museum zu Darmstadt für 2950 Mark und 1884/85 für 50 Mark; im näm-
lichen Jahre an Gutekunst in München für 50 Mark, und 1885/86 »Alte Bücher« an Antiquar
Jos. Bär in Frankfurt für 320 Mark verkauft worden sind.
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