Full text: Ehemaliger Kreis Wimpfen (A, [3])

Postament 
82 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN 
werth. In spannweiter Entfernung vom Kopf der Statue ist im Kreuzesstamm ein 
kleiner, aussen viereckiger, nach innen gerundeter Behälter angebracht, der jetzt 
ausgeraubt ist, aber ohne Zweifel in früherer Zeit — es sei u. a. auf das noch zur 
Stunde wohlerhaltene Beispiel am Kreuzesstamm der formverwandten Passionsgruppe 
auf der Südostseite des Domes zu Frankfurt a. M. hingewiesen — Passionsreliquien, 
möglicher Weise wie dort, eine Partikel des h. Kreuzes enthielt und mit einem 
Metallverschluss versehen war. Die knieende Haltung der Magdalenenfigur am 
Fusse des Marterpfahles Christi und unmittelbar vor dem kleinen Reliquiar kann 
hiernach unbedenklich als eine vom Auftraggeber des Werkes beabsichtigte Sym- 
bolisirung der in der damaligen Christenheit wie noch jetzt vielverbreiteten und 
durch die bildende Kunst verherrlichten Andacht zum heiligen Kreuz angesehen 
werden. Dagegen gehen diejenigen viel zu weit, die den Untersatz der Kreuzigungs- 
gruppe als mensa im Sinn einer Altarplatte zur Feier des Messopfers betrachten. 
Diese Bestimmung hatten die Friedhofkreuze zu keiner Zeit; die Darbringung des 
Messopfers für die Abgestorbenen geschah und geschieht ausschliesslich entweder in 
den Pfarrkirchen oder in besonderen Friedhofkapellen. Eine solche Kapelle be- 
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Fig. 36. Wimpfen a. B. Deckplatte des Postamentes der Kreuzigungsgruppe. 
fand sich auf dem Wimpfener Kirchhof, östlich vom Kalvarienberg gegenüber 
dem Südportal der Stadtkirche. Seit dem dreissigjährigen Kriege steht davon kein 
Stein mehr auf dem anderen. 
Zahlreiche Farbenspuren, vornehmlich in den Falten des Lendentuches Christi 
und an dem vom überhangenden Schleier gegen die Unbill der Witterung ge- 
schützten Antlitz der Muttergottes, berechtigen zu der Annahme, dass sämmtliche 
Figuren der Wimpfener Kreuzigungsgruppe ursprünglich polychromirt waren. Ausser 
der bunten Bemalung und Vergoldung kommt die Richtung auf das Realistische 
auch an den Kreuzen zum Ausdruck, insofern ihre viereckig behauenen Stämme 
von Spalten und Rissen, gleich gesprungenem Holzwerk bedeckt sind, aus welchem 
an einigen Stellen ausgemeisselte Astknorren hervortreten. 
Das Postament der Kreuzigungsgruppe hat eine Länge von 4 m 14 cm und 
am überragenden mittleren Theil eine Höhe von 1 m 53 cm: die Seitenflächen sind 
um je 28 cm niedriger. Am Rande der Deckplatte läuft oberhalb einer stark aus- 
ladenden gothischen Kehlung ein Inschriftfragment in lateinischen Majuskeln hin, 
woraus soviel erhellt, dass das Denkmal eine Stiftung des ehrsamen Hans Koberer 
ist, welcher am Donnerstag vor St. Katharina (24. November die Jahrzahl fehlt —) 
das Zeitliche segnete. (Fig. 36.) Unter dem erhöhten Mitteltheil der Deckplatte sind 
  
    
   
  
  
    
   
   
   
   
     
  
  
  
   
    
  
     
    
   
     
     
  
  
  
  
  
    
    
    
  
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