Renaissance-
Säule
86 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
kehlung versehener Steinbalken, der bis zur Rückwand reicht und als Giebelwandträger
fungirt. Nach vorn öffnet sich das Gehäuse als schlichter Holz-Rundbogen, der nahe
bei der alten Konsole unvermittelt der Beinhausmauer entsteigt. — An der Nordost-
ecke wird das Schutzdach gestützt von einer beachtenswerthen Renaissancesäule,
die sich aus drei Haupttheilen zusammensetzt: einem Postament, einem Pfeiler und
der eigentlichen Säule. Das Postament ist von rechteckiger Gestalt und zeigt in
seinen ausgetieften, von Rahmenprofilirungen umgebenen Paneelen ebenso viele Me-
daillons, unter denen das vordere einen männlichen, bebarteten Reliefkopf mit Spitz-
hut, sog. Judenhut umschliesst, während die beiden andern Medaillons Rosetten ent-
halten. Ueber dem Postament vermitteln lineare Gliederungen und volutenartige
Gebilde den Uebergang zum schlanken Viereckpfeiler. Die Paneele an dessen
Seitenflächen laufen nach oben in die spätgothische Form des geschweiften Spitz-
bogens aus und zeigen in ihren drei Medaillons die Reliefbilder eines männlichen und
eines weiblichen Mascaronhauptes nebst einer Rosette. Ueber und unter den drei
Medaillons heben sich je zwei, mithin im Ganzen sechs Schilde mit Emblemen, Haus-
marken und Initialen reliefartig von den Füllungsflächen in folgender Anordnung ab:
Be Drei dieser Schilde zeigen das der Pa-
L% 5 I trizierfamilie Visch eigenthümliche Emblem
(sog. redendes Wappen) je eines oder dreier
Fische, nebst den Initialen PV, DCV, KV;
zwei andere Schilde — eines mit den Ini-
tialen WK
Formgebung die Hausmarke des Patrizier-
enthalten in unterschiedener
geschlechts der Koberer; der sechste Schild
trägt ebenfalls ein Hauszeichen, neben wel-
chem die Majuskeln IH stehen, die vielleicht
auf Jakok Haug sich beziehen, der um 1552
Bürgermeister war. Hiernach scheint das Ge-
häuse — dessen Renaissancesäule insbeson-
dere — eine Stiftung der Familien Visch,
Koberer und Haug zu sein. Ueber einem
der Paneel-Bogenschlüsse steht die Jahres-
zahl 1551 und das Steinmetzzeichen des Meisters. — Oberhalb der karniesförmigen
Abdeckung des Pfeilers beginnt die eigentliche Säule, deren ausgebauchtes Wulst-
basament mit Akanthuslaub umkleidet ist und auf einer einfachen Plinthe ruht.
Der von einem Volutenkapitäl mit Rosettenzier bekrönte schlanke Rundschaft
stützt durch Vermittelung des Abakus die nördliche Ecke des über der grossen
Bogenspannung des Gehäuses lagernden Architravs. — Die mannigfache Gestal-
tung dieser Säule bekundet in auffälliger Weise, dass das Streben der deutschen
Renaissance um die Mitte des 16. Jahrhunderts vornehmlich auf ornamentalen Prunk
gerichtet war. Durch seltsames aneinander Häufen und aufeinander Thürmen der
Bestandtheile macht das Werk den Eindruck eines in Stein übersetzten Phantasie-
gebildes damaliger malerischer Kunstübung oder zeichnerischer Illustration. Der
Aufbau zeigt offenbaren Mangel an Verständniss der tektonischen Natur der Säule.
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