EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
Die Gothik selbst ist sowohl in ihrer Glanzzeit wie in ihrem Ausklingen durch
eine Gruppe von Sakralbauschöpfungen vertreten, die an Schönheit und Dichtigkeit
nicht leicht von einer anderen deutschen Stadt gleich bescheidenen Umfanges über-
troffen wird. Ein Hauptwerk der gothischen Blüthezeit, mit durch zufällige Veran-
lassung von Frankreich her übertragenen Einwirkungen, ist die in der zweiten Hälfte
des 13. Jahrhunderts entstandene hochmonumentale Ritterstiftskirche, bei deren Er-
richtung die vorhin erwähnte, von dem damals niedergelegten romanischen Gotteshaus
herrührende Westfassade pietätvoll geschont blieb. Fast gleichzeitig erhob sich die
nach der Ordensregel in schlichten aber edlen Stilformen erbaute Dominikaner-
Klosterkirche, jetzige katholische Pfarrkirche zum h. Kreuz, während die Marien-
Stadtkirche, jetzige evangelische Pfarrkirche, in ihrem mit romanischen Thurm-
geschossen ‘einer älteren Basilika flankirten Chorbau der Frühgothik folgt, dagegen
im Langhaus und an der Stirnseite die dekorative Leistungsfähigkeit der Spätgothik
am Schluss des 15. Jahrhundert durch Reichthum und Belebtheit der Einzelformen
in erfreulicher Weise bewährt, ein Verdienst, das auch die räumlich bescheidene,
ebenfalls spätgothische Kornelien- richtiger Liebfrauenkirche ausserhalb der Mauern
von Thalwimpfen durch ihre schmuckvolle Portalbildung beanspruchen darf. Auch
im plastischen Kunstkreis gebührt der Wimpfener Gothik ein ehrenvoller Rang,
theils durch die stilistisch hochbedeutsamen, zahlreichen Steinfiguren des 13. Jahr-
hunderts an der Südfassade, am Aeusseren wie im Inneren des Chorhauptes der
Ritter-Stiftskirche und durch die ornamentale Ausstattung der ikonischen Kapitäle im
Kreuzgang dieses Gotteshauses, theils durch figürliche Grabdenkmäler und holz-
plastische Heiligenstatuen aus dem 15. Jahrhundert in der Dominikaner-Klosterkirche,
ferner durch die edelschöne Madonnenfigur an der Südostecke des Kranzgesimses
der evangelischen Pfarrkirche und durch ein vortreffliches Steinrelief im Tympanon
des Nordportales der sogen. Kornelienkirche. Das bedeutendste Werk der spät-
gothischen Steinplastik ist aber die im Beginn des 16. Jahrhunderts auf dem ehe-
maligen Friedhof vor der Stadtkirche errichtete, grossartige Kreuzigungsgruppe, die
mit zu dem Besten gehört, was die deutsche Skulptur kurz vor dem Auftreten der
Renaissance hervorgebracht hat, ein Werk, das mit stilverwandten Darstellungen
gleichen Inhaltes zu Mainz und Frankfurt an Rhythmus der Komposition, Kraft des
Ausdruckes und meisterhafter Technik kühn wetteifert und als eine rühmliche, leider
vielgeschädigte und darum dringend der Wiederherstellung bedürftige Leistung der
Mainzer Bildhauerschule den gleichzeitigen Hervorbringungen der Nürnberger und
Würzburger Plastik würdig sich anreihet. Das in der gothischen Stilepoche mit
der Skulptur enge verbundene plastische Kunstgewerbe ist einerseits durch das formen-
kräftige frühgothische Gestühl und das spätgothische schmuckvolle Sakramentshäuschen
im Chor zu Wimpfen im Thal, anderseits durch zwei holzgeschnitzte Flügelaltäre und
ein ebenfalls spätgothisches zierliches Sakramentshäuschen in der Stadtkirche am
Berg vertreten.
Die Malerei blieb in dieser kunstfreudigen Epoche hinter den Schwesterkünsten
Architektur und Plastik nicht zurück. Von der polychromen Ornamentation, womit
von frühgothischer Zeit her die Innenräume und stellenweise auch das Aeussere der
Kultusgebäude, Kirchen wie Kreuzgänge, geschmückt waren und von den ausgedehnten
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