Sepultur
Kunstgewerb-
liches
Kanzel
Chorgestühl
108 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
zeigend, und die Muttergottes mit gefalteten
Händen in stiller Andacht. Darunter stehen
in gothischer Minuskel-Kurzschrift die Worte
welche über die Bedeutung der beiden Skulp-
turen (Jesus, Maria) keinen Zweifel lassen. =
Die Verbindung der Nischen wird durch leb- N
haft bewegte Vegetativ -Verschlineunsen be- j
= > > >
wirkt, an denen neben dem Haupte der Frauenfigur je ein Wappenschild mit Bildern
einer stilisirten Vogelschwinge (von Ehrenberg) und eines Schweines (von Schlatt)
herabhängt. Weiter unten folgen zwei andere Schilde mit den Wappenbildern dreier
Schlüssel (von Haspinger) und glockenförmigen Eisenhüten (von Thalheim), in der
Heraldik Feh, auch Sturzfeh genannt. Die Randschrift ist in gothischen Minuskeln,
untermischt mit einzelnen Majuskeln als Anfangsbuchstaben abgefasst und lautet:
An -dam- MIULLLTLELIT start die erga.- Anna Beinrichzg
DD man = z j en
ha. erberg Husfratu selig de Got man -
Eine mit einfachem Kreuz versehene Sandsteinplatte in der Mitte des Fuss-
bodens im Langhause bezeichnet den Eingang zu einer augenscheinlich erst bei den
Bauveränderungen im vorigen Jahrhundert angelegten Sepultur mit dreifach über-
einander gereihten Grabkammern. Die Schlichtheit des mit einem Tonnengewölbe
überspannten Gruftraumes, der nur von 1735 bis 1807 als Begräbnissort diente, bietet
zu kunstwissenschaftlicher Einzelbetrachtung keinen Anlass.
Die reich geschnitzte Kanzel (s. Fig. 42 S. 98) tritt aus der südlichen Hochwand
des Langhauses vor und steht mit dem Obergeschoss des Kreuzganges in Verbindung.
Ihre Formgebung zeigt dem Hochaltar verwandte Stilmotive der Spätrenaissance,
insbesondere hinsichtlich des Charakters der vegetativen Auszier. Die um die Kanzel-
brüstung geordneten und von den Attributen Engel, Adler, Stier, Löwe begleiteten
sitzenden Statuen der vier Evangelisten lassen erkennen, dass dem Schnitzer die Be-
herrschung der edlen Menschengestalt nicht in gleichem Grade zu Gebote stand, wie
das Schwunghafte der Ornamentik. Ueber dem Schalldeckel schwebt die Figur des
h. Vincentius Ferrerius vom Orden der Dominikaner. Die Attribute des gefeierten
Homiletikers und glaubenseifrigen Missionars bestehen aus einem Flügelpaar als
Symbol seiner begeisterten Beredtsamkeit und aus einem Evangeliar, das er in der
linken Hand trägt. Das Attribut des Krucifixus in der Rechten, welches auf Bild-
nissen des frommen Ordensmannes von Fra Bartolommeo zu Florenz und V. Car-
paccio zu Venedig vorkommt, ist an der Wimpfener Statue nicht mehr vorhanden.
An der Kanzelbekrönung liest man den Namen des Heiligen in der Abkürzung S.
VINC. und darunter die Stelle TIMETE DEUM aus der Apokalypse XIV. V. — Die
‘assung der Kanzel in Farben und Vergoldung geschah durch den oben erwähnten
Johann Michael Schweizer aus Döppingen bei Schwäbisch-Gmünd.
Das Chorgestühl (Fig. 48) baut sich zu beiden Seiten des Vorchores in je
einer Abtheilung von Knie- und Sitzreihen mit hohem Dorsale auf. Es ist eine in
ihrer Art glanzvolle Rococo-Leistung, hervorgegangen aus den meisselfertigen Händen