Andere vasa
sacra des
Kirchenschatzes
118 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
frau mit dem Christkinde, in der Auffassung des durch zahllose Vervielfältigungen
weitverbreiteten Madonnengemäldes von Lukas Kranach d. Ä., dessen Original in der
Kapuzinerkirche zu Innsbruck sich befindet und besonders durch das naive Motiv
des mit dem Händchen an der grossen Zehe des erhobenen Fusses spielenden Kindes
bekannt ist. Die Spitze des Ciboriums krönt ein Strahlenkreuz mit dem Auge Gottes,
als Sinnbild der Allwissenheit des höchsten Wesens. Das Figürliche der Medaillon-
gruppen entspricht im Stil dem klassieirenden Zuge der Zeit, wird aber übertroffen durch
die in künstlerischer wie technischer Hinsicht vortrefflich durchgeführte Ornamentation
des in der Gesammtwirkung glanzvollen Prachtgefässes. Am Innenrande des Fusses
steht die gravirte Inschrift: »Pro Conventu Wimpinensi Ord. Praed. Anno 1721.
Augt.«, scil. Augusta Vindelicorum, d. i. Augsburg, der damals durch seine KEdel-
metallwerkstätten berühmte Wohnort des ausführenden Künstlers.
Als hervorragende Vasa Sacra des Kirchenschatzes sind ferner drei silber-
vergoldete Messkelche zu nennen, welche die Formen des Rococo bald in
relativem Maasshalten bald in ruheloser Bewegtheit variiren. Von besonders reicher
Ausstattung ist der mit getriebenem Rankenwerk und Emailmedaillons geschmückte
Kelch (Fig. 55, b), der nach Ausweis der Klosterchronik zum ersten Male im Jahre
1773 am Festtage des h. Dominikus beim feierlichen Gottesdienst zur Verwendung
kam, als Stiftung des Priors Eventius Schaumberger und der Geistlichen Ambrosius
Mesper und Laurentius Beck. Die Emaillen an der Cuppa enthalten in lebhafter
Farbengebung die Bilder des h. Kreuzes, der Muttergottes und des h. Dominikus ;
die Emaillen auf der Oberfläche des Kelchfusses zeigen Bildnisse des h. Thomas von
Aquino, des h. Ludovicus Bertrandus und des sel. Dalmatius Monevius. Sämmtliche
Emailmedaillons sind von dicht gereihten, brillantartig facettirten Rheinkieseln um-
schlossen. — Der zweite Kelch (Fig. 55, c) entbehrt zwar der malerischen Schmelz-
zier; allein sein harmonischer Aufbau und die bewegte Fülle seiner Ornamentation
in fein getriebener Arbeit gibt das Musterbild einer Rococoleistung, die geeignet ist,
auch den verwöhntesten Freund dieser heiteren Geschmacksrichtung in hohem Grade
zu befriedigen. — Beim dritten Kelch liegt der Schwerpunkt künstlerischer Aus-
stattung minder im Aufbau des Gefässes und im Linienzug der metallotechnischen
Auszier als vielmehr wiederum in einer Emailbilderfolge, worauf mit lebhafter Farben-
gebung eine Reihe von Passionsscenen in nachstehender Ordnung ausgeführt ist:
Christus am Oelberg, Geisselung, Dornenkrönung am Kelchfuss; Christus in der
Auffassung als Ecce Homo, Kreuztragung und Kreuzigung an der Cuppawandung.
Auch in den Emailgemälden dieses Kelches macht sich der klassicirende Zug der
Entstehungszeit geltend. — Ein silbervergoldeter Kelch vom Schluss des 18. Jahr-
hunderts, mit allen Anzeichen des sogen. Zopfstiles in der Behandlung von Frucht-
schnüren und Laubgewinden der Ornamentirung wird zur Zeit in der Sakristei der
Stiftskirche im Thal behufs gottesdienstlicher Verwendung aufbewahrt. Ein silber-
vergoldetes Messkännchenpaar mit Untersatzschale bewegt sich ebenfalls in
blühenden Rococoformen und. trägt folgende in die Schale gravirte Widmung: EX
DONATIONE D. F. J. BARONIS;REICHLIN DE MELDEGG DECANI ELVA-
CENSIS ET CAN. CAPT. ECCLESIAE EQUESTRIS WIMP. 1741. Auf dem
Schalenrande erscheint das von fein stilisirtem Akanthus umrankte Wappen des