Full text: Ehemaliger Kreis Wimpfen (A, [3])

EHEMALIGER KREIS WIMPFEN 
Ordensmitgliedern gegründete und betriebene Werkstätte der Holzplastik, deren 
Hauptschöpfung das überreiche Chorgestühl der Ordenskirche ist, eine Leistung, deren 
Meisselfertigkeit selbst denjenigen Bewunderung abnöthigt, die in Sachen der 
kirchlichen Kunst dem Rococo nicht hold sind. Die in ihrer Art grossartigen Altar- 
bauten des Gotteshauses haben ebenfalls Anspruch darauf, künstlerische Spätrenais 
sance-Wahrzeichen zu sein, die wie ein letztes Aufflammen der sich nicht genug 
thuenden Prunkliebe des vorigen Säculums in die Gegenwart hereinragen. 
Wir würden in unserer einleitenden Orientirungsskizze der Wimpfener Kunst- 
bewegung eine Lücke offen lassen, wollten wir, neben den in erster Linie stehenden 
Schöpfungen der Monumentalarchitektur, nicht auch der alten bürgerlichen Wohn- 
bauten gedenken, zumal das Strassenbild der ehemaligen Reichsstadt gerade diesen 
Gebäuden sein charakteristisches Gepräge verdankt, ein kunsthistorischer Vorzug, 
dessen auch Kürnbach sich rühmen darf. Obschon gar Manches von dem, was 
Mittelalter und Renaissance an diesen beiden Orten im Wohnbau geschaffen haben, 
theils durch das Alter und die Zeitereignisse dem Loos der Vernichtung anheim- 
gefallen ist, theils infolge berechtigter Forderungen jüngerer Zeiten neuen Gebäuden 
weichen musste, so hat sich immerhin eine beträchtliche Anzahl von Wohnhäusern 
erhalten, die den Charakter der alten Fachwerk- und Riegelbautechnik, insbesondere 
des 16. und 17. Jahrhunderts, in seiner ganzen Eigenart und Tüchtigkeit bewahrt 
haben. Es sei beispielsweise an dieser Stelle nur auf die gewundenen Strassenzüge 
Wimpfens hingewiesen, die noch immer die Erinnerung an das alte reichsstädtische 
Dasein mit überraschender Deutlichkeit wachrufen, von den schlichten Hofraithen der 
Landwirthe und den offenen Werkstätten der Gewerbtreibenden angefangen bis zu 
den vielgeschossig vortretenden, hochgegiebelten Patrizierwohnungen mit ihren 
Hallen, Höfen, Gallerieen und Durchblicken, wobei alles in’s Malerische hineinströmt. 
Angesichts des Reichthums und der Mannigfaltigkeit der in dieser Einleitung 
flüchtig genannten und in den folgenden Abschnitten einzeln geschilderten und wissen- 
schaftlich erklärten Kunstdenkmäler lässt sich ohne Bedenken sagen: mag die an 
Einwohnerzahl bescheidene ehemalige freie Reichsstadt gegenüber der politischen 
Rolle grösserer halbsouveräner städtischer Gemeinwesen des alten deutschen Reiches 
kein andauernder, sondern dann und wann nur vorübergehend ein Mittelpunkt 
politischer Aktionen gewesen sein, so besitzt sie doch die Ehre und den Ruhm, mehr 
unsterbliche Werke bildender Kunst vor das Auge der Welt gestellt zu haben, als 
dies von mancher Grossstadt zu berichten ist. Diese Ehre und dieser Ruhm wird 
der Stadt Wimpfen gesichert bleiben, so lange ein weihevoller Hauch der Geschichte 
und Romantik ihre denkwürdigen Schöpfungen alter Kunstherrlichkeit im Sinne des 
Satzes umschwebt: 
Eine Bevölkerung ehrt sich selbst, wenn sie die Kunstdenkmale 
ihrer Vergangenheit ehrt. 
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