Burgthor
134 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
mitunter auch zahlreich und stark genug, um auf die Vertheidigung hinter dem
Mauergürtel zu verzichten, den Feind gar nicht an die Pfalz herankommen zu
lassen, sondern ihm auf freiem Felde entgegen zu treten. Die Wehrarchitektur der
Pfalzen bot hiernach, gleich den Ritterburgen, der ihren erhabenen Kriegsherrn be-
gleitenden Mannschaft die Möglichkeit zu bequemem Ausfall und gesichertem Rück-
zug durch ein starkes Burgthor. — Beginnen wir die Erörterung der Wimpfener
Palatialbestandtheile nach der oben angegebenen Reihenfolge, also mit dem Eingang
des Hohenstaufenschlosses.
Das Burgthor, Schwibbogenthor genannt, liegt an der südöstlichen Seite
des Burgviertels und besteht aus einem im Zuge des Mauerringes aufgeführten vier-
geschossigen Thorthurm (Fig. 60), der jedoch nur mit seinen beiden Untergeschossen
der älteren Palatialzeit angehört. Diese Bautheile, die Thorfahrt insbesondere, sind
von so wuchtiger Mauertechnik, dass ein Vergleich mit Thorbauten im alten Etrurien
dem kundigen Betrachter unwillkürlich sich aufdrängt. Die neuere Tieflegung der
vorüberziehenden Hauptstrasse zog auch das Burgthor in Mitleidenschaft, dessen
Durchgang in Folge dieser Veränderung um ein Drittel an Höhe zugenommen hat,
so dass die Basamente der Thorpfeiler nunmehr 3 m über dem jetzigen Niveau des
Einganges liegen, dessen Untermauerung frei zu Tage tritt. Die Pfeiler bauen sich
aus kraftvollen Quadern auf und endigen mit schlicht geschmiegten Kämpfern, über
deren Abaken die Bogenschwingung in Gestalt eines Halbkreissegmentes, mithin
annähernd in Stichbogenform ansetzt. Oberhalb des Bogens vermittelt ein von ge-
rundeten, an Grösse und Abstand ungleichen Konsolen gestützter Sims den Ueber-
gang zum zweiten Geschoss. Das dritte Stockwerk entbehrt der Simsvermittelung
und scheint eine jüngere Aufsattelung zu sein, die indess ebenfalls noch in die Hohen-
staufenzeit fällt, da an einer der neueren rechteckigen Lichtöffnungen Spuren eines
romanischen Fenstersturzes sich erhalten haben. Das anscheinend noch jüngere
Obergeschoss wird durch einen trümmerhaften Kragsteinsims abgedeckt, worauf die
neuere Ziegelbedachung anhebt.
Im Scheitel der Durchgangswölbung befinden sich zwei Oeffnungen, die zu
Zwecken der Thorsperre und Thorverrammelung gedient haben mögen. Hindurch-
geschritten sieht man am Wehrzug links einen vermauerten Rundbogen als Ueberrest
der ehemaligen Thurmpforte. Die kleine romanische Blende daneben scheint eine
Beobachtungsluke gewesen zu sein. Der jetzige Thurmeingang führt durch das der
älteren Pforte gegenüberliegende Wohnhaus, von dem bei Erörterung des Privat-
baues näher die Rede sein wird.
Wie an seiner nach der Hauptstrasse gelegenen Aussenseite so ist der Thorthurm
auch an der Burgviertelseite mit einem oberhalb des Bogenschlusses auf Konsolen
ruhenden Gesims versehen. (Fig. 61.) Unmittelbar darüber sind die trefflich ge-
meisselten und gefügten, theilweise mit Buckelquadern gesäumten Werksteinschichten
von zwei romanischen Fenstern durchbrochen; eine dieser Lichtöffnungen ruht auf
Tragsteinen. Höher hinauf springt ein von derben Stützenwangen getragener, nach
unten offener Ausbau vor, der an dieser Stelle, abgesehen von dem Heraufziehen des
Kriegsbedarfs und der Lebensmittel des Wächters, zweifellos auch die Bestimmung
einer Pechnase hatte, um, wie der Name andeutet, durch Herabschütten glühenden