146 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
Bautheil romantisches Stilgepräge. — Das rundbogige Scheunenthor, welches in die
südliche Chorwand gebrochen ist, mag aus der Zeit datiren, wo die Kapelle noch vor
ihrer gottesdienstlichen Wiedereinrichtung durch die Kapuziner als städtisches Zeug-
haus und Getreidemagazin benutzt wurde; wenigstens deuten das werktüchtige Thor-
gewände und die steinernen Angelpfannen der Thorflügel auf ältere Entstehung und
nicht auf die jüngsten Veränderungen hin. — An der dem Scheunenthor benachbarten
Lisene des Mittelbaues steht die gothische Minuskelinschrift:
anna dam ] : N fuit Hic hartholameus de landenberg.
Die Meisselführung des Fpigraphs ist kunstlos, um nicht zu sagen roh, so dass
es sich hier entfernt nicht um eine urkundliche Beziehung zum Bauwerk, sondern
nur um eine landläufige Namensverewigung des Bartholomäus von Landenberg aus
dem Jahre 1484 handeln kann.
Im Innern der Ostparthie hielt die Gothik ihren Einzug mit durchgreifenden
Veränderungen, die dem Ruin verfallen sind. Ueberreste des arcus triumphalis in
Spitzbogenform, Fragmente von gekehlten, spitz verlaufenden Konsolen mit Ansätzen
von Gewölberippen auf den Deckplatten, zwei geblendete schmale Spitzbogentenster
in der Nordwand, ein gleichfalls geblendetes Fenster in der westlichen Ecke des
Aussenbaues und ein jetzt in die Treppenwand des Kellers eingelassener Wölbungs-
schlussstein mit der Segenshand in Relief als Symbol der ersten Person der Trinität:
diese Trümmer beglaubigen die gothisirende Umgestaltung des verödeten Sanktua-
riums. Zur Beurtheilung der Beschaffenheit des Abschlusses gen Ost geben eine in
die Mauer eingelassene Säule, sowie Gesimsstücke im Giebel oberhalb des ehemaligen
Triumphbogens einige Anhaltspunkte. (S. o. Fig. 62, Schnitt A—B.)
Das bedauerliche Geschick, welches über die Pfalzkapelle gekommen, geht in
seinen Anfängen allerdings auf den Verfall der ganzen Kaiserpfalz zurück. Der
Höhepunkt der Profanirung blieb jedoch dem 19. Jahrhundert vorbehalten, in dessen
ersten Dezennien der Innenbau als Bäckerei diente. Der Aussenbau blieb von diesem
3etrieb ziemlich unberührt und büsste seinen Charakter als kirchliches Gebäude nicht
ein. Erst als die Kapelle um die schnöde Summe von dreihundert Gulden aus städti-
schem Besitz in die Hände eines Landwirths gerieth, brach das volle Unheil herein.
Der Bauer sagte sich: eine Kirche sei doch nimmermehr ein gerechter Oekonomiehof.
Sprach’s, zerschlug und vermauerte die alten rundbogigen Liichtöffnungen, ersetzte
sie durch hübsch viereckige Fenster, schuf, wie schon flüchtig erwähnt, das Innere
des Oberbaues in Stockwerke für Wohnungen um, richtete einen Theil des gewonne-
nen Erdgeschosses als Stall ein und benützte die übrigen Räume zu sonstigen land
wirthschaftlichen Zwecken. So geschehen im Jahre 1837! Durch dieses Verfahren
ist aus dem einstigen Urbild des Hohenstaufenheiligthums das heutige Zerrbild ge-
worden, dessen Anblick den Freund vaterländischer Geschichte und Kunst mit be-
rechtigtem Unwillen erfüllen muss.
Glücklicher Weise hat die moderne Verunstaltung so viel übrig gelassen, um
den kunstgebildeten Beschauer aus dem Kern des Baukörpers auf die Harmonie der
Gesammtanlage und aus der einfach schönen Gliederung der Lisenenreihe und des
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