Full text: Ehemaliger Kreis Wimpfen (A, [3])

   
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WIMPFEN A. B. 179 
gemeisselt. Der Wappenschild rechts zeigt eine Kanne in Relief und die Initialen 
I. 5. V.W; der andere Schild enthält eine Bürgerkrone nebst Schrägbalken mit der 
klassischen Sigle S. P. Q. R., d. i. Senatus Populusque Romanus, und scheint die 
heraldische Schöpfung des humanistisch angehauchten Erbauers und selbstbewussten 
damaligen Reichsstadt-Oberhauptes zu sein. — An einer der Rückwand gegenüber 
liegenden Scheune sieht man im Schlussstein des Thores einen mehrstrahligen Stern 
und oberhalb des Bogens ein weibliches Groteskhaupt. 
Das an der Südwestseite des Marktplatzes gelegene Haus Nr. 78 erfreut durch 
seinen wohlgestalteten Spitzbogeneingang mit 
meisselfertiger Kehlung im Giebelschluss. Ein 
breit gespanntes Stichbogenfenster daneben ist 
von gleich feiner Gliederung. Dasselbe gilt 
von der Spitzbogenpforte an der Nebenfront 
und von den polygonal abschliessenden Ge- 
wänden der Fenster des Erdgeschosses, dessen 
weiträumige Beschaffenheit eine ehemalige 
altdeutsche Schenke vermuthen lässt, die denn 
auch nach langer Trockenpause neuerdings 
ihrer ursprünglichen feuchtfröhlichen Bestim- 
mung zurückgegeben ist. — Zu den spätgo- 
thischen Formen gesellt sich im Obergeschoss 
die Renaissance durch eine bemerkenswerthe 
holzgeschnitzte Säule (Fig. 97), welche 
die Decke eines bescheidenen Wohnzimmers 
trägt. Ihr oktogonal abgefastes 95 cm hohes 
Basament misst 1,25 m im Umfang. Der ge- 
drungene, mit schuppenartiger Zier bedeckte 
cylindrische Schaft ist 68 cm hoch; sein Um- 
fang beträgt 9 cm. Ein zwischen Kapitäl- 
und Kämpferform die Mitte haltender Auf- 
satz von 48 cm Höhe und 1,9 m Umfang ist 
an den Ecken mit herabhängenden Voluten 
versehen, zwischen denen Rosetten und an- 
dere Vegetativornamente vertheilt sind. An 
einer Seite des Aufsatzes tritt das antike Mo- 
tiv der überschlagenden Welle in Form des 
klassischen Kymation auf. Weder Komposition 
noch Schnitztechnik deuten auf eine Meister- 
  
  
  
Fig. 97. Wimpfen a. B. 
Geschnitzte Säule im Hause Nr. 78 
am Marktplatz. 
hand. Gleichwohl ist an der Formgebung unschwer erkennbar, dass das Werk spä- 
testens in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstanden sein mag. Die bunte 
Polychromirung ist neu oder, wenn älteren Ursprunges, nicht eben geschmackvoll 
erneuert. Auf einem Wimpfener Gedenkblatt des gegenwärtigen Jahrhunderts ist 
der eigenartigen Säule unter mehreren anderen Abbildungen reichsstädtischer Merk- 
würdigkeiten eine bevorzugte Stelle angewiesen. 
   
  
  
  
  
   
   
   
    
   
   
     
  
    
    
  
   
    
  
    
  
  
   
    
   
  
   
    
   
   
    
   
  
  
  
  
  
   
  
   
  
  
  
  
  
   
 
	        
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