Wohnbauten
in der Haupt-
| strasse
EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
Am Marktrain besitzt das Haus Nr. 108, welches erst vor kurzem infolge
von Bauveränderungen sein Renaissancegepräge fast gänzlich eingebüsst, nur noch
geringe Ueberreste der unteren Gewände des ehemaligen feingegliederten Rundbogen-
einganges. Das darüber angebrachte Wappen musste sich die Versetzung an ein
neues Fensterpaar gefallen lassen. Im Wappenschild prangt eine Bürgerkrone mit
gekreuzten Stäben und Schwertern. Oberhalb des Stechhelmes erscheint der Ober-
körper eines Gewappneten mit gezücktem Pallasch in der Rechten. Innerhalb der
kreisrunden Umrahmung läuft die Inschrift:
ALS ADAM HACKT UND EVA SPAN WER WAR DOZUMOL EDELMANN.
Die darauffolgende Stelle DER WOLGEBORNE VORNEME HOCH-
GEBORNE ist wohl durch die im Wappenschild befindlichen Initialen W.'B. zu er-
gänzen. Etwas tiefer steht die Jahreszahl 1596 und der Wahlspruch:
ALLE DIE MICH KENNEN WIDERFAR INEN WAS SIE MIR GENEN.
Aus der Bekrönung des Steines tritt über einem Vegetativornament das künst-
lerisch anspruchslose Bildniss des Erbauers hervor. — In die Flur-
wand des Erdgeschosses ist ein Steinrelief eingelassen, an dessen
Seiten kleine Voluten ausladen. Die Mitte des Reliefs enthält als
Gewerkmarke eines späteren Hausbesitzers ein von Astwerk und
Laubornament bekränztes Schlächterbeil nebst der Jahreszahl 1771.
Darunter bilden die Initialen I-C-S:- den Schluss der Steintafel.
Unweit davon befindet sich in dem auf den Marktrain aus-
mündenden Apothekergässchen (jetzt Marktgässchen) ein
schmales, hohes Holzgiebelhaus (Nr. 117), woran unter einer
Pfette eine Konsole das nachstehend abgebildete Wappen-
schild mit einer Hausmarke und die Jahreszahl 1480 zeigt: EL
Wenn in der das Centrum der Stadt von Nordost gen Süd-
west durchziehenden oberen und unteren Hauptstrasse die älteren
Wohnbauten mehrentheils modernen Gebäuden gewichen sind, so
erklärt sich dieser Wandel durch die bauliche Bewegung, die aller-
wärts die wichtigsten Verkehrsadern der Städte zunächst zu ergreifen pflegt. Sieht man
von der Rococofassade des ehemaligen Heiliggeist-l Iospitales und den spätmittelaltrigen
Bestandtheilen des bürgerlichen Krankenhauses ab (s. 0. S. 169), so hat in der unte-
ren Hauptstrasse streng genommen nur der an dem Wohnhaus Nr. 227 zwischen dem
Schwibbogenthor und dem Unterthor erhaltene Renaissancebogen mit den Zahlzeichen
N und in der oberen Hauptstrasse nur das stattliche Haus
7 : \ 5 Ö . Nr. 71 auf baukünstlerische Erwähnung Anspruch.
Vornehmlich das letztere Gebäude (Fig. 95), von
x Alters her als Schenke zum Grünen Baum bekannt,
ist eine wohlerhaltene Schöpfung aus dem Uebergang
von der Gothik zur Renaissance und ein typisches Muster altdeutscher wirthschaft-
licher Bauten dieser Art. Am Portal tritt die Mischung der beiden entgegengesetzten
Formsysteme besonders ausdrucksvoll in die Erscheinung. Zu den Nachwirkungen