WIMPFEN I. TH. 197
Hier steht also Ansicht gegen Ansicht, insofern Bischof Krudolf verschiedentlich für
das 6., 7. und 10. Jahrhundert beansprucht wird.*) — Noch um die Mitte des vorigen
Säculums zeigte man in der Stiftskirche das Grabmal des Bischofs; heute ist der
Denkstein nicht mehr vorhanden und auch sein ehemaliger Standort ist aus dem
Bewusstsein der Lebenden verschwunden.
Der Chronist Burchard de Hallis berichtet weiter: der bischöfliche Erneuerer
des alten verwüsteten Monasteriums habe entsprechend der Anzahl der Apostel eine
(renossenschaft von zwölf Ordensgeistlichen mit einem Propst als Oberhaupt eingesetzt
und die Stiftskirche nach dem Vorbild der Wormser Kathedrale auf den Titel des
Apostels Petrus eingeweiht. — Der neugegründeten Propstei wurde die Administration
eines der zum Bisthum Worms gehörigen vier Archidiakonate übertragen, das einen
beträchtlichen Theil der unteren Neckarlandschaften, von Heidelberg flussaufwärts bis
an die Diözesangrenze umfasste. Sämmtliche Weltpriester des Archidiakonats,
Pfarrer wie Vikare, wurden durch die Propstei Wimpfen i. Th. investirt. Die Wahl
des Propstes geschah aus der Mitte der Konventualen durch den Bischof von Worms.
Als erster urkundlich beglaubigter Propst des Stiftes erscheint Ruodprat in einer
das St. Andreasstift zu Worms betreffenden Urkunde vom Jahr 1068.
Das erneuerte Monasterium, welches schon bald zu festem Bestand gedieh und
erhebliches Ansehen genoss, hatte den Charakter eines Kollegiatstiftes. Die Stifts-
genossen waren jedoch keine regulirten Chorherren vom Orden des h. Augustinus,
wie mitunter irrthümlicher Weise angenommen wird. — Durch steten Zuzug mehrte
sich die umwohnende Bevölkerung. Kriegsleute und Edelinge aus Nähe und Ferne
siedelten sich an und steigerten durch Schenkungen und Vermächtnisse den Wohlstand
des Stiftes. Zum Andenken an ihre Freigebigkeit wurde den Donatoren bei ihrem
Ableben die Ehre der Bestattung innerhalb des Monasteriums zu theil. Die Chronik
des Burchardus de Hallis drückt sich hierüber folgendermassen aus: »Fortan« —
d. h. nach der Neugründung des von den Ungarn zerstörten Monasteriums — »wurde
diese Stätte wieder in hohen Ehren gehalten und von Jahr zu Jahr immer mehr aufge-
sucht, so dass sie, die kurz vorher fast einer Wüste glich, nun zur Wohnung Vieler
wurde. Alle Ritter und Edle der Umgegend, die entweder von Alter gebrochen oder
Gottes wegen dem Kriegshandwerk nicht mehr obliegen mochten, hingen ihre Waffen
und Schilde Rundschilde wie Langschilde — an den Säulen der Kirche auf -
arma sua videlicet clipeos seu scuta columnis templi appendebant, — wählten im
Monasterium ihr Begräbniss sepulturam in eo eligentes wo ihre steinernen
Ruhestätten durch darüber gedeckte Steinplatten quorum tumbae lapideae
desuper lapıideis tabulis tectae eranl distinctae kennbar gemacht wurden.«
Das Aufhängen der Schilde geschah übrigens auch zu Ehren des Stifsklerus ritter-
licher Abkunft.**) Um die Mitte des 11. und in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts
*) Das im südlichen Transsept der Stiftskirche befindliche Oelbildniss mit der Inschrift
S. CROTOLDVS PRAESVL WORMATIENSIS FVNDATOR HVJVS ECCLESIAE ist eine
künstlerisch untergeordnete Leistung aus neuerer Zeit ohne zeugenhaften historischen Werth.
##) Vergl. Mone Quellensammlung B. III, S. 7, Cap. ıı, Frohnhäuser S. 24 und Geschichts-
bücher für die mittelrheinischen Bisthümer ı. Jahrgang 1884 Nr. 4, S. 114, woselbst Näheres
über Todtenschilde.