Statuen
am Choräusseren
Wasserspeier
EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
stark unterschnittener Kehlung. Die am Fuss 1 m breiten, 1,50 m vorspringenden
Strebepfeiler steigen in drei verjüngten Abtheilungen auf, die durch Wasserschläge
getrennt sind. An den obersten Abtheilungen ist das Quaderwerk durch gleichge-
staltete, von schlanken Säulen flankirte Nischen belebt. Die Säulen stehen auf qua-
dratischen mit kleinen Vorsprüngen versehenen Plinthen, bald mit bald ohne Basament-
vermittelung. Ihre kelchförmigen Kapitäle sind von Spitzbögen mit Dreipassfüllungen
überspannt, die in bossengesäumte Giebelungen übergehen, auf deren Spitzen Kreuz-
blumen mit symbolischen Thierfiguren wechseln, und hinter denen kleine Blendfialen
das Nischenwerk baldachinmässig bekrönen.
Drei dieser Pfeilernischen enthalten lebensgrosse Statuen. — In der südlichen
Nische erscheint der Erzengel Michael, baarhäuptig mit fliegendem Gelock. Das
Gewand wogt in ungezwungenem Wurf hernieder. Beide Hände führen den Speer,
womit der Himmelsbote den zu seinen Füssen kauernden Drachen, das Symbol des
Bösen und der Hölle, überwindet. — Die folgende Nischenfigur zeigt eine ritterliche
Gestalt in der Tracht des 13. Jahrhunderts. Das bartlose Haupt, Hals, Unterarme
und Hände sind von der Brünne und sonstigem Ringgeflecht umhüllt, über welchem
der Leibröck in schweren Falten bis an die Knöchel reicht, so dass die ebenfalls mit
Ringgeflecht bekleideten Füsse sichtbar bleiben. Die Rechte ruht auf dem vom Wehr-
gehänge umschlungenen Schwert; die Linke liegt auf dem Dreieckschild. Die Deu-
tung des in Ruhe nach vollendetem Kampfe dastehenden Gewappneten als St. Ludwig
liegt nicht seitab, da der königliche Führer des letzten Kreuzzuges 1297 kanonisirt
wurde, in welche Zeit die Nischenskulpturen unbedenklich zu setzen sind. Die
dritte Statue gibt das Bild einer edlen Frauengestalt mit lang herabfliessendem
Lockenhaar. Der Blick ist in die Ferne gerichtet. An dem gegen die Brust er-
hobenen rechten Arm fehlt die Hand. Die Linke trägt einen Ast mit Gezweige und
Laubschmuck, das Attribut der h. Bibiana. Das Kostüm ist von vornehmer Einfach-
heit und besteht aus einem von den Schultern bis zu den Fussspitzen in breiter
Faltenanordnung niederwallenden Gewande. — Die nördliche Nische ist leer geblieben
oder ihres Figurenschmuckes beraubt. — Prüft man diese Skulpturen auf Grund
ihrer Bestimmung als statuarische Dekorativarbeiten, so befriedigen sie in Kom-
position wie Meisselführung ; nur der Kopf der ritterlichen Figur ist nicht eben glück-
lich gerathen.
An den Pfeilerflächen oberhalb der Statuennischen sind plastisch behandelte
Wasserspeier in Gestalt von fratzenhaften menschlichen und thierischen Unholden
angebracht. Da fesselt vor allem die Aufmerksamkeit des Betrachters das von
Schmerz zerwühlte und verzerrte Antlitz eines auf einem Geldsack liegenden Men-
schen mit geöffnetem Mund und hervorgestreckter Zunge. Auf dem Unglücklichen
kauern zwei zottige Bestien und schlagen ihre Krallen in seinen Körper. Die drei
anderen Wasserspeier zeigen einen langmähnigen Löwen, einen bellenden Hund und
ein verstümmeltes wolfähnliches Raubthier. Nicht selten werden derartige Wasser-
speier für willkürliche, wohl gar für spasshafte Gebilde der Steinmetzen angesehen.
Mit Unrecht. Ihre wahre Bedeutung hängt mit der alten Thierfabel zusammen, die
schon von der romanischen Kunst, insbesondere aber von den gothischen Bauhütten
aufgenommen, weitergebildet und der christlichen Belehrung sinnbildlich dienstbar
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