Südportal-
Statuetten der
zwölf Apostel
Südportal-
Statuen
Madonna
224 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
in ihnen sind allen Analogieen zufolge die Donatoren, die Stifter des Werkes zu er-
kennen. Abgesehen von einzelnen Eigenthümlichkeiten des in der mittelaltrigen
Sakralplastik herkömmlich Typischen, die das moderne Auge nicht immer befriedigen,
lässt sich vom Zusammenklang des Ganzen sagen, dass durch den schmerzlichen
Ausdruck des Ergriffenseins in den Gesichtszügen sowie durch Haltung und Be-
wegung der von einfach edlem Faltenwurf umflossenen trauernden Gestalten eine
dramatische Stimmung in der Kreuzigungsgruppe webt, wie solche der Würde des
dargestellten biblischen Ereignisses entspricht. — Dank der gegen Süd gerichteten,
atmosphärischen Einflüssen minder ausgesetzten Portalhalle und der geschützten Auf-
stellung des Reliefs im Bogenschluss, bestätigen Farbenüberreste die Thatsache, dass
die Kreuzigungsgruppe in allen ihren Theilen polychromirt war. Haupthaar und
Bart des Erlösers sind tiefroth wie in Blut getränkt; die Dornenkrone ist aus grünen
Zweigen gewunden. Die Frauengestalten haben goldenes Haar und ihre Gewänder
sind buntfarbig. Die Talare der Donatoren hingegen zeigen durchweg schwarze
Farbe, was auf Stifter geistlichen Standes hindeutet. Am Fussgesims stehen die fol-
genden, nicht eingemeisselten, sondern auf rothem Grund in weissen schwabacher
Lettern gemalten Worte: Elias Scherf Serpräbendarius 1586. Hiernach handelt
es sich augenscheinlich nicht um die ursprüngliche Bemalung aus dem Schluss des
13. Jahrhunderts, sondern um eine zwei Jahrhunderte jüngere Erneuerung der poly-
chromen Fassung der Kreuzigungsgruppe.
In beziehungsvollem Zusammenhang mit dem Gedankeninhalt des Hochreliefs
stehen die das Tympanon umgebenden Statuetten der zwölf Apostel in den
tiefen Hohlkehlen der Bogenschwingungen des Portales. Die Sendboten der Heils-
lehre treten paarweise auf, so dass zur Rechten und Linken der Kreuzigung je drei
durch Baldachine getrennte Figurengruppen zum Bogenscheitel aufsteigen, wo zwei
vereinigte Baldachine den Abschluss bilden. In dieser Anordnung des Statuetten-
kranzes entspricht die nach oben immer mehr von der Senkrechten abweichende
und infolgedessen geneigte Stellung der Gruppen allerdings nicht den Anforderungen
statischer Gesetzmässigkeit. Allein die gleichwohl schmuckvolle Anordnung ist im
ganzen Bereich der gothischen hochmonumentalen Portalarchitektur zumal im
Kathedralsystem eine typische Erscheinung ; auch ist ihr eine glänzende ornamentale
Wirkung nicht abzusprechen. Die Apostel treten mit den Attributen ihres Lehr-
amtes und ihres Martyriums auf. Wohlabgewogene Stellungen, trefliche Bewegungs-
motive, edle Einfachheit des Faltenwurfes verleihen der zierlichen Statuettenfolge
namhaften Kunstwerth. Leider haben Steinfrass und sonstige Schäden der Zeit die
Meisselführung ihrer Schärfe beraubt und die ursprüngliche Schönheit des Werkes
beeinträchtigt.
In ganz hervorragender Weise ist der plastische Schmuck der Transsept-Schau-
seite durch sieben Statuen von Dreiviertel Lebensgrösse vertreten, die unterhalb
der Kreuzigungsgruppe und der Apostelserie die breiten Hohlkehlen und Pfeiler
nischen des Portalbaues zieren. — Am Mittelpfeiler des Eingangs erscheint die Statue
der heiligen Jungfrau mit dem von der Rechten umfangenen Christuskind auf dem
linken Arm. Die Madonna ist gekrönt dargestellt und sonach als Himmelskönigin aul-
gefasst. Ein breites Schleiertuch wallt vom Haupte hernieder und lässt das gelockte