Full text: Ehemaliger Kreis Wimpfen (A, [3])

    
  
   
  
   
  
   
  
   
  
   
  
  
   
   
  
  
   
  
   
  
   
  
  
  
   
   
   
  
   
   
  
   
   
   
  
   
  
  
  
  
   
     
   
     
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WIMPFEN I. TH. 231 
Zeit stammende maasswerkgeblendete Fialen in der Weise ohne Riesen, dass auf 
dem in Dreieckform endigenden Fialenleib unentwickelte Kreuzblumen in kleinen 
Gruppen den Abschluss bilden. Die Anzahl der Strebepfeiler ist vier. Aus ihrem 
oberen, freistehenden Quaderwerk schwingen sich Strebebögen zum Hochschiff 
hinan, wo sie auf Säulen mit Kelchkapitälen und Deckplatten ihre Stützpunkte finden. 
Nur ein einziger Strebebogen stammt aus älterer Zeit. ».Die Strebepfeiler der Seiten: 
schiffe«, schrieb Franz Kugler im Jahre 1827, »hatten auch das Gewölbe des Haupt- 
schiffes durch freie Bögen stützen sollen, doch ist von diesen nur einer vollendet.«“) 
Die drei anderen Strebebögen wurden erst in den fünfziger und sechziger Jahren er- 
gänzt. Während aber der ältere Strebebogen mit einer luftigen Arkatur geschmückt 
ist, sind die modernen Bögen ohne Arkaturzier geblieben und an Stelle dieser letzteren 
offene Rosetten getreten. — Die bescheidene Pforte zwischen den beiden westlichen 
Strebepfeilern schneidet in die Horizontale des Kaffgesimses ein, das dem Spitzbogen- 
schluss durch Ueberhöhung des Linienzuges ausweicht. Die Gliederung des Ein- 
ganges beschränkt sich auf maassvollen Wechsel von Rundstäben und Hohlkehlen. — 
Die vier Fenster des Nebenschiffes sind durch kapitällose Pfosten zweigetheilt; die 
Pfosten an den Gewänden hingegen tragen Kelchkapitäle, die den Uebergang zum 
Bogenschlag der Giebelungen vermitteln. Das Maasswerk daselbst besteht aus fünf- 
blätterigen Rosetten innerhalb fein profilirter Steinringe. Die Architektur der Licht 
öffnungen am Hochschiff gleicht im allgemeinen derjenigen des Seitenschiffes, mit Aus- 
nahme des Rosettenmaasswerkes, das hier in Vierpassformen auftritt. 
Die vom Kreuzgang und Kreuzgarten begrenzte Nordfront des Gotteshauses 
gliedert sich, übereinstimmend mit der Südfront, in Transsept, Hochschiff und Neben- 
schiff und zwar in schlichtem Formenausdruck. Die dekorative Ausstattung beschränkt 
sich auf das mit stilisirten Vegetativgebilden verzierte Kranzgesimse, welches vom 
Chor und Nordthurm ausgehend den Transsept umschliesst, hingegen am Langhaus 
das bisherige reiche ornamentale Gepräge verliert und als einfache Hohlkehle bis 
zur Westfassade sich fortsetzt. — Zwischen den Flankenpfeilern ist das obere Mauer- 
werk der nördlichen Transsepthochwand von drei kreisrunden Lichtöffnungen mit 
sechstheiligem Rosettenmaasswerk in triangulärer Anordnung durchbrochen. Eine 
entwickeltere Fensterarchitektur wie am Südtranssept war an dieser Stelle durch den 
anstossenden östlichen Kreuzgangflügel verwehrt. Den unvollendeten Hochgiebel 
über dem Kranzgesims haben jüngere Zeiten durch ein Fachwerkdreieck zu ergänzen 
gesucht, das dürftiger, um nicht zu sagen scheunenartiger kaum gedacht werden kann 
und das nicht nur den Bautheil selbst um alle Wirkung bringt, sondern die Monumen- 
talität der ganzen Baugruppe schwer beeinträchtigt. Tagtäglich zieht die Stiftskirche 
die Blicke zahlreicher Reisender aller Nationen auf sich, welche die Nord- und Süd- 
deutschland verbindende Schienenstrasse am rechten Neckarufer vorüberführt. Der 
Anblick des Baudenkmales wäre erfreuend und erhebend, drängte sich nicht der 
architekturlose Fachwerkgiebel als partie honteuse wahrhaft beleidigend in den 
Vordergrund, sicherlich nicht zur Verherrlichung deutschen Namens und deutschen 
Kunstsinnes. Hier wird darum die geplante Erneuerung zunächst einzusetzen haben, 
*) Vergl. dieses Autors »Kleine Schriften«, B. I, S. 97. 
Nebenpforte 
und Fenster- 
architektur 
Nordfronte 
  
  
  
  
     
	        
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