Full text: Ehemaliger Kreis Wimpfen (A, [3])

        
    
   
     
    
   
  
  
  
   
     
    
   
   
    
      
   
   
   
    
   
    
    
  
  
  
   
   
    
   
       
     
WIMPFEN I. TH. 243 
die sind gekrönt. Die Gestalt der Muttergottes strahlt von Hoheit und Würde. Unter | 
ee der Krone drängt sich das mit einem kurzen Schleier bedeckte Gelock hervor. Der | 
linke Arm trägt das Christuskind, dessen rechte Hand allem Anschein nach in moderner 
Zeit unschön erneuert wurde. Der Blick der Madonna ist auf den zarten Sohn ge- | 
richtet, der in kindlicher Heiterkeit zur geliebten Mutter emporschaut und beide 
Händchen auf ihre Brust legt. Die gebogene Haltung der Gruppe erklärt sich aller- 
dings aus dem belasteten linken Arm der Mutter; allein die Erscheinung ist auch 
charakteristisch als ein fast sämmtlichen Madonnenstatuen der 
Epoche eigenthümlicher, verstärkter Ausdruck der Empfindung, 
ein Motiv, das damals durch die mit cisalpinischen Architekten 
nach Italien gewanderten Plastiker dort viel Verbreitung fand, 
besonders in Toskana. Die Gewandung der Figur ist ein Meister- 
stück vornehmer Anordnung in freiem und doch weichem Wurf. 
Wir bemerken in diesem Betracht verwandte Züge mit der 
Marienstatue am Thürpfeiler des Südportales; in allem Uebrigen 
jedoch ist das letztere Werk weit entfernt von der fesselnden 
Hoheit und stillen Grösse der Chormadonna. 
Den Zusammenhang mit der Werkstatt, welcher die Portal- 
skulpturen entsprossen sind, bekundet an den Chorstatuen, ausser 
  
plastischen Analogieen, auch die verwandte Bildung der Bal- Statuen- 
baldachine 
  
dachine in Form von einfacheren und reicheren Absidialkon- 
| 
Kir 
I 
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struktionen des französischen Kathedralensystems mit Chorum- 
a gängen und Kapellenumkränzung. Nur der Madonnenbaldachin 
| macht insofern eine Ausnahme, als seine Struktur offenbar nicht 
| einer grösseren Kirche sondern einem kleineren Heiligthum nach- 
gebildet ist, an dessen Ausschmückung Architektur und Plastik 
gleichmässig sich betheiligten. In der Mittelnische einer Apside 
| thront Christus als Weltrichter; in den Seitennischen erscheinen 
die Jungfrau Maria und der Evangelist Johannes, die als typische 
Fürbittende fast bei keiner Darstellung des jüngsten Tages im 
Bereich der Kunst des Mittelalters und der Renaissance fehlen; Bio. 1a Wonpfih | 
weiterhin lassen beschwingte Himmelsboten die Posaunen des Welt- im Thal. Ritterstifts- 
gerichts ertönen. Mit anerkennenswerthem Meisselgeschick hat ig St. feter. | 
der Künstler diese zierlichen Figurinen dem spröden Sandstein Se ern a 
Pitelsaal. 
zu entlocken gewusst und dabei nicht unterlassen, das Material 
auf seine für Jahrhunderte berechnete Dauerhaftigkeit mit Verständniss auszuwählen. 
Unter den streng architektonisch entwickelten Baldachinen sind diejenigen über 
N > den beiden Statuen an den östlichen Vierungspfeilern von besonders reicher Durch- 
bildung des vielgestaltigen Strebensystems, der Fensterarchitektur, der Kapellen- 
gruppirung und der theilweise gethürmten Fialengipfelung. (Fig. 142 u. Fig. 143.) 
Im Anschluss an die herrliche Statuenfolge des Chorinneren dürfte hier der 
tskirche Hinweis auf eine Skulptur geboten sein, die im Kapitelsaal des Kreuzganges, mitten 
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lassen unter verschiedenen dort aufbewahrten, mehr oder weniger trümmerhaften Ueber- 
ie tat resten architektonischer Einzelformen, als eine bemerkenswerthe frühgothische 
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