Full text: Ehemaliger Kreis Wimpfen (A, [3])

      
  
276 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN 
basis mit dem frühromanischen Basament Fig. 165 S. 271 und mit den spätroma- 
nischen Basamenten der Kaiserpfalzsäulen Fig. 65, 66 u. 67 S. 138 u. 139 gibt eine 
belehrende Anschauung dieses Formenwandels innerhalb der Kunstbewegung der 
gleichen Stilart. — Die Erklärung des Anbaues als Vorhalle anerkennen wir für 
vollkommen zulässig, halten aber nicht für ausgeschlossen, dass der bescheidene 
Raum als Oratorium zur Abhaltung der gemeinsamen Gebetsverrichtungen der Stifts- 
geistlichkeit (Tageszeiten, horae) gedient haben kann. Die Entscheidung dürfte 
wesentlich von der Lösung der Vorfrage abhängen, ob die Westseite des Anbaues 
als raumöffnendes Portal behandelt war oder den Abschluss der Halle bildete. 
Eine Fortsetzung der in obigem Bericht besprochenen Untersuchungen liegt 
ausserhalb des Rahmens der dem Kunstdenkmälerwerk gestellten Aufgabe, würde 
aber — darüber kann kein Zweifel obwalten — nicht nur für die Baugeschichte der 
Ritterstiftskirche sondern auch für die Geschichte der romanischen Architektur in süd- 
deutschen Landen überhaupt von Werth sein. 
Nachtrag. — Nahezu ein volles Jahr nach dem uns geglückten Grabungs- 
ergebniss vor der Westfassade der Ritterstiftskirche liess die Grossherzogliche Bau- 
behörde an der nämlichen Oertlichkeit Untersuchungen in umfassender Weise an- 
stellen, denen gegenüber es uns nur zur Befriedigung gereichen kann, dass das 
Wesentlichste von Dem, worauf es bei der beschreibenden Darstellung des Gegen- 
standes im Sinn der dem Kunstdenkmälerwerk gesteckten Grenzen ankommt, uns 
nicht entgangen ist, wie aus der vorstehenden Erörterung erhellt. 
FUNDAMENTE DES UM DIE MITTE DES XIlI JAHRHUNDERTS 
NIEDERGELEGTEN FRÜHROMANISCHEN CENTRALMÜNSTERS 
Wichtiger noch als die vor der Westfassade bewerkstelligten Terrainunter- 
suchungen ist ein Grabungsfund im Inneren der Stiftskirche, welcher 
falls die daran geknüpften Vermuthungen sich verwirklichen — von hervorragender 
Bedeutung für die Geschichte der vaterländischen Sakralarchitektur sein wird. Im 
Herbst 1896 prüfte der mit Freilegung der Aussenvorhalle beauftragte Hr. Regierungs- 
baumeister Eduard Wagner auch einen Theil des Bodenbelages im Inneren des 
Gotteshauses nahe bei der Thurmhalle und stiess auf Ueberreste von Funda 
menten, die augenscheinlich von keinem anderen Gebäude herrühren können, als 
von dem vorgothischen, ottonischen, d. i. frühromanischen Stiftsmünster St. Peter. 
Hr. Wagner grub zwei in stumpfem Winkel verbundene Kalksteinmauerzüge mit wohl 
erhaltener gleichmässig aufgetragener Putzschicht und Pfeilervorlagen aus, und will, 
auf Grund sorgfältiger Messung und Berechnung, in den zu Tage getretenen Sub- 
struktionen Bestandtheile eines im Zwölfeck gestalteten centralen Kirchenbaues er- 
kennen, während die herrschende Meinung das ehemalige Vorhandensein einer lang- 
gestreckten Basilika mit erhöhtem Mittelschiff und niedrigen Seitenschiffen hinter der 
bestehenden doppelthürmigen Westfassade annimmt. Erweist sich Wagner’s Central- 
bau-Hypothese als zutreffend und seine Berechnung des Polygondurchmessers auf 22 m 
als richtig, so würde die Peripherie der Thalwimpfener Rundkirchenfundamente öst- 
lich bis zur Vierungsmitte der jetzigen Stiftskirche und seitlich — wenn auch in 
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.