Full text: Ehemaliger Kreis Wimpfen (A, [3])

   
  
WIMPFEN I. TH. 277 
geringen Abständen — über deren Nebenschiffe hinaus sich erstrecken. Hoffentlich 
dringt bald volles Licht in die aufgerollte Frage durch erschöpfende W eiterverfolgung 
der zu Tage gekommenen Spuren eines Baudenkmales, das Jahrhunderte lang bis 
zu völliger Vergessenheit aus dem Bewusstsein der Generationen verschwunden war. 
Nachtrag. — Ende Juli 1897, kurz vor der Drucklegung dieses Bogens, 
hatten wir uns durch die Vermittelung Sr. Excellenz des Grossherzoglichen Staats- 
ministers a. D. und Wirklichen Geheimerathes Hrn. Dr. Julius Freiherrn von Starck, 
in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Kommission für die Herausgabe des Kunst- 
denkmälerwerkes, einer Reihe von Notizen über die Thalwimpfener Ausgrabungen 
von Seiten des Vorstandes der Bauabtheilung im Grossherzoglichen Ministerium 
der Finanzen Hrn. Ministerialrath und Geheimerath Dr. Theodor Schäffer zu er- 
freuen, woraus als wichtige Thatsache sich ergibt, dass infolge abermaliger, 
im Frühjahr 1897 unter Mitwirkung der Grossherzoglichen Museumsdirektion und 
des historischen Vereins begonnener, im Inneren der Ritterstiftskirche unter dem 
Bodenbelag unternommener Nachforschungen die Centralbau -Hypothese des Hrn. 
Regierungsbaumeisters Eduard Wagner allseitige Bestätigung gefunden hat, ein 
kunstwissenschaftlich bedeutsames Frgebniss, über dessen gegenwärtigen Stand 
Fig. 166a zur Örientirung dient. *) 
Es handelt sich hiernach hinsichtlich der freigelegten Substruktionen in evidenter 
Wirklichkeit um die Fundamente einer im Zwölfeck konstruirten, in blauem Kalk- 
steinmaterial ausgeführten vorgothischen Centralkirche, deren Ueberreste unzweifelhaft 
als die Plananlage des von Burchardus de Hallis in dessen Chronik (s. o. S. 203 u. 204) 
erwähnten, der vorhandenen Stiftskirche des Dechanten Richard von Ditensheim vor- 
hergegangenen »Monasterium prae nimia vetustate ruinosum« d. h. »vor über- 
grossem Alter baufällig gewordenen Münsters« anzusehen ist, das an Stelle der 
während der Ungarninvasion zerstörten primitiven Crotoldstiftung in der Ottonenära 
entstanden war. Die Wahl einer grossräumigen Centralanlage für dieses aller Wahr- 
scheinlichkeit nach in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts errichtete frühromanische 
Gotteshaus kann nicht befremden angesichts der Thatsache, dass — wie bereits oben 
(S. 271) ausgeführt — die ottonische Baukunst vielfach den Spuren der karolingischen 
Architektur folgte, deren Hauptwerk, das Aachener Münster, damals in gleicher 
Weise zur Nachahmung anregte, wie in der neueren Zeit der St. Petersdom zu Rom 
ein Vorbild für zahlreiche Kirchenbauten des Renaissancezeitalters geworden ist. 
Die jüngsten Grabungen im Inneren der Ritterstiftskirche liessen erkennen, 
dass der verschwundene Centralhochbau, ausser den zwölf Weandpfeilern in den 
stumpfen Winkeln der polygonen Umfassungsmauer, sechs Pfeiler im Mittelraum be- 
sass, ein Ergebniss, das nach allen Analogieen mit Sicherheit erwartet werden konnte. 
Denn, ist beispielsweise das Aachener Münster im Sechzehneck konstruirt, welchem 
*) Die auf Fig. 166a mit Roth eingezeichneten Fundamentlinien beruhen auf einer den oben er- 
wähnten Nofzzen beigegebenen Rekonstruktions-Handskizze des Hrn. Regierungsbaumeisters E. Wagner; 
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die in Schwarz dar 
stellte Plananlage der jetzigen Stiftskirche hingegen ist eine selbstständige Auf- 
nahme unseres Zeichners, Hrn. Architekt und Realgymnasiallehrer C. Bronner, aus dessen Hand die 
Gesammtabbildung hervorgegangen ist; auf photolithographischem Wege wurde letztere vervielfältigt 
in der mit der Officin des Hrn. Philipp von Zabern zu Mainz verbundenen Steindruckerei. 
     
  
   
  
  
  
  
  
  
  
     
    
   
      
   
    
  
   
   
    
   
    
   
  
  
  
  
  
  
  
     
    
  
Ausgrabung der 
Fundamente des 
frühroman. Stifts- 
münsters St. Peter 
  
	        
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