278 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
im Mittelraum ein Achteck entspricht, so erscheint es folgerichtig, dass dem Thal-
wimpfener zwölfeckigen Polygon ein sechseckiger Mittelraum entsprach. In der Hand-
skizze des Hrn. E. Wagner fehlen die sechs Mittelstützen; auf unsere Veranlassung
wurden dieselben der Fig. 166a in idealer Ergänzung hinzugefügt. Ob diese Stützen
aus Pfeilern, ob aus Säulen, oder aus einem Wechsel von Pfeilern und Säulen be-
standen, bleibt fraglich, da die seitherigen Grabungen keinerlei in diesem Sinn kenn:
bare Einzelformen zu Tage gefördert haben sollen. Ohne Widerspruch zu be-
fürchten darf hingegen die Annahme sich hervorwagen, dass die sechs Stützen
vom Mittelraum einen breiten Umgang abgrenzten, über welchem Emporen hin-
zogen. Der Mittelraum aber stieg wahrscheinlich als ein von einem Lichtgaden
durchbrochenes Hochgeschoss frei zu dominirender Höhe hinan und war entweder
mit einem Zeltdach oder mit einer Kuppel bekrönt, während die Eindeckung des
tiefer gelegenen Umgang -Erdgeschosses wohl aus einem ringsum laufenden Walm-
dach bestand.
Der baugeschichtlich und kunstarchäologisch wichtigste Bestandtheil der frei-
gelegten Fundamente ist unstreitig die Choranlage, die stark ausladend an der öst-
lichen Peripherie des Polygons vortritt und in beschlossener Gestaltung aus einer
Hauptapsis und zwei Nebenapsiden sich zusammensetzt. Wenn man erwägt, wie wenig
in diesem Betracht gar manche modernen Rundkirchen befriedigen und dass beispiels-
weise selbst ein so gewiegter Architekt wie Georg Moller die Lösung des Chor-
problems an seinem Hauptwerk, der katholischen Rundkirche zu Darmstadt, unver-
sucht gelassen, deren Hochaltar und Seitenaltäre von der Orgelbühne überragt und
ebenso unorganisch wie unliturgisch zwischen je zwei Säulen des Umganges einge-
zwängt sind, so ist in der ausgegrabenen Thalwimpfener Choranlage die Anordnung
eines selbstständigen Sanktuariums mit Hauptaltar und Nebenaltären in tektonisch
monumentaler Weise erfolgt und als nachahmenswerthes Vorbild um so mehr zu
würdigen, je einfacher und zweckentsprechender der Bautheil in die Erscheinung
tritt. Alle drei Apsiden schliessen an ihren Innenseiten halbkreisförmig ab; nach
aussen folgen nur die Nebenapsiden der Rundform; dagegen ist der äussere Ab-
schluss der Hauptapsis polygonal und zwar dreiseitig gebildet, ein Zeichen, dass die
Frühromanik bei allem Vorherrschen des Rundbogenprinzips keineswegs ablehnend
gegen Chorschlüsse in gebrochenen graden Linien sich verhielt. Die in Rede stehende
Choranlage ist übrigens nicht nur an und für sich bemerkenswerth, sie dürfte auch
einen Rückschluss gewähren auf die ursprüngliche Gestaltung des karolingischen
Münsterchores zu Aachen, der im 15. Jahrhundert zu Gunsten eines weiträumigen
und glänzenden spätgothischen Chorhauptes umgebaut wurde. — Der Durchmesser
des Thalwimpfener Centralbaues von 22 m bleibt allerdings hinter dem Diameter
des Aachener Polygones erheblich zurück; er übertrifft hingegen bei weitem den
Durchmesser der wohlerhaltenen Kloster-Rundkirche zu Ottmarsheim im Ober-Elsass.
— Gleichwie die Dome zu Mainz, Speier und Worms als stolze basilikale Trias
des frühen Mittelalters im Rheinland prangen, so bildeten in der gleichen Epoche
und in dem gleichen Stromland die Münster zu Aachen, Wimpfen und Ottmarsheim
eine ansehnliche Trias centraler Sakralbauten, denen gegenüber die sonstigen
rheinischen kirchlichen Rundbauten nur von bescheidenen Abmessungen waren, wie
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