Full text: Ehemaliger Kreis Wimpfen (A, [3])

    
   
  
  
   
   
    
    
   
   
   
    
   
   
  
  
   
   
  
  
  
  
   
   
  
   
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
   
   
  
  
    
   
   
   
  
    
      
   
   
   
   
   
   
   
   
   
    
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WIMPFEN A. B. 
Stellen geradezu unstatisch und geschmacklos wirkende Formmotiv ist ein auffälliger 
Missklang sowohl in der baulichen Gesammtanlage wie in der figürlich und ornamental 
hochvortrefflichen Durchführung des meisterhaften Chorgestühles. 
Während der Chor der Stadtkirche in wirkungsvollem räumlichem Rhyth- 
mus als ein Ergebniss klarer, gesetzlicher Tektonik und gemessenen künst- 
lerischen Strebens aus der Blüthezeit der Gothik sich darstellt, bezeichnet das 
Langhaus die dekorative Richtung der spätgothischen Architektur, indem nun 
an Stelle edler Einfachheit und Ruhe lebhaftere Bewegungen in die Bauformen 
eindringen. Diese pulsirende Lebhaftig- 
  
keit führt mitunter zu mehr spielen- 
den als geregelten architektonischen Ent- 
wickelungen und streift hie und da sogar 
an Willkür und Ueberladung. Im Grossen 
und Ganzen jedoch wird selbst der strenge 
Purist zugeben, dass in dem dekorativen 
Spiel mancherlei selbständige Elemente 
walten, die unbeirrt von festen System- 
normen innere Berechtigung besitzen, be- 
sonders in der Fülle und Leichtigkeit 
reicher Gliederungen an Fassaden, Por- 
talen, Pfeilern, Gewölben und anderen 
schmuckvollen Bautheilen. Gegenüber der 
ungetheilt aufwärts drängenden Bewegung 
im Chorbau tritt nun im Langhaus das 
Bestreben nach freierer Ausbreitung der 
Räume auf, durch Anordnung gleicher 
Schiffhöhen nach dem Prinzip des ausge- 
bildeten Hallenbaues. Ein einziges 13,75 m 
hohes Dach, dessen Silhouette allerdings 
einen nichts weniger als ästhetischen 
Eindruck macht, lagert mit drückender 
Wucht über dem gesammten Langbau. 
Nur die Kapellenannexe und Portale auf 
Fig 16. Wimpfen a. B. Evangel. Pfarrkirche. 
Thörichte Jungfrau am Chorgestühl. 
der Nord- und Südseite bringen einige 
belebende Gliederung in das schwere 
Ganze und verleihen dem Grundriss annähernd die symbolische Kreuzgestalt. 
In bautechnischem Betracht ist zu bemerken, dass die Umfassungswände aus 
Bruchsteinmauerwerk bestehen, die Portal- und Fenstergewände, sowie Simse und 
Gurten hingegen Haustein aus den Heilbronner Sandsteinbrüchen zum Material haben. 
Es ist bis jetzt nicht nachgewiesen, ob der spätgothische Neubau an die 
Stelle eines älteren gothischen Langhauses getreten oder ob ihm ein romanisches 
Langhaus vorausgegangen ist. Das Letztere wird wohl das Richtigere sein, 
insofern das Raumbedürfniss in Betracht gezogen wird, welchem eine Umgestal- 
tung der Schiffe im Sinn des grossräumigen Chores sicherlich auf lange Dauer 
3 
  
Langhaus 
Stilistisches und 
Baugeschicht- 
liches 
  
	        
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