Full text: Die Kunstdenkmäler des Kreises Bensheim (A, [4])

    
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
   
    
   
    
  
   
  
  
  
     
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
Joachim 
Anna 
Sebaftian- 
altar 
Antonius 
Magdalena 
  
  
104 
  
Biblis 
der Stileindruck des wahrfcheinlich aus dem 15. Jahrhundert ftammenden Werkes 
ftark beeinträchtigt. 
Ebenfalls modern gefaßt und. ausgeftattet find der heilige Joachim, 1 m hoch, 
im knitterfaltigen Kapuzenmantel, von ftark verkrümmter, faft buckliger Haltung, mit 
gezierten, fchwächlichen Händen und die ftattliche heilige Anna, 1,03 m hoch, 
die auf der Linken das langbekleidete figende Marienkind, auf der Rechten ein 
aufgefChlagenes Buch 
trägt. Sehr edel ift das 
frei nach oben blik- 
kende, von f&hwerem 
Kopftuch wumhüllte 
Haupt. Die beiden Sei- 
tenfiguren find jünger 
als die Muttergottes, 
gehören aber eben- 
fallsnochdem 15.Jahr- 
hundert an. 
Sebaftianaltar, 
an der Chorwand des 
linken Querfchiffes. 
Der Aufbau ift gleich 
dem des Marienalta- 
res. Die Mittelfigur 
ift eine fentimentale 
Dutendarbeit der Ge- 
genwart. Außerordentlich fChön find dagegen die beiden Seitenfiguren, ein heiliger 
Antonius, langbärtig, im Kapuzenmantel, ein wenig nach links eingeknickt, 0,90 m 
hoch, mit der Rechten in Schulterhöhe eine Schelle [&hwingend, und — ganz hervor- 
ragend — die heilige Magdalena mit dem Salbengefäß. 
Die Figur ift 0,87 m hoch und hinten ftark abgeflacht. Sie fteht mit vorgeftelltem 
rechtem Bein, deffen Knie fich im Gewande durchdrückt, mit leicht nach links ge- 
föhwungener Hüfte und nach links gewendetem, fteil aufrecht getragenem Kopfe, ge- 
radeaus nach links blickend, ficher, faft herausfordernd da. Die Haltung hat etwas 
Furchtlofes, Überlegenes. Mit beiden Händen flach und lofe zugreifend, trägt fie die 
zylindrifche Salbenbüchfe vor fich her. Daß fie das Gefäß fo niedrig hält, verftärkt 
den Eindruck vornehmer Sicherheit. Bekleidet ift fie mit einem anliegenden Ge- 
wande, das mit breitem, horizontalem Saume den oberen Teil der Bruft freiläßt und 
mit engem, fteilem Gefält glatt bis auf die Füße, nicht mehr auf den Boden nieder- 
fällt. Die Ärmel fChließen im Handgelenk feft an. Der Mantel kommt auf der rechten 
Seite faft gar nicht zum Vorfchein, der linke Zipfel ift vor dem Leibe über den rechten 
Unterarm gezogen, fodaß das Ende nach außen hängt und die Stoffläche als mond- 
förmige Schürze mit willkürlich gebrochenen Schüffelfalten bis zu den Knien hernieder- 
hängt. Das Haar fällt zu beiden Seiten des vollen, ernften, in kleinen Formen ge- 
bildeten Gefichtes in glatt gewellten, auf der Schulter geteilten Strähnen nieder. Ein 
Kopftuch bildet auf der rechten Seite des Hauptes ein dreieckiges Horn, auf der linken 
gleitet es in gefchwungenem Faltenzuge bis vor die Bruft hernieder. Die Gewandung — 
als Tracht, nicht als Behandlung —, befonders der Kopftypus und die ganze innere 
Haltung — weich, weiblich, aber greifbar und perfönlich — laffen in diefer Magdalena 
Abb. 92. Biblis. Kirche. Sebaftianaltar
	        
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