Full text: Die Kunstdenkmäler des Kreises Bensheim (A, [4])

     
Lindenfels 173 
    
   
     
   
   
    
    
  
  
   
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
fehwedifche und kaiferliche Befagungen, und die Stadt hatte [chwer an den Leiden 
des Krieges zu tragen, fodaß ihre Bevölkerung auf ein Sechftel reduziert wurde, aber 
fowohl damals als in den Kriegen Ludwigs XIV. blieben die Burg und die Stadtbe- 
feftiigungen erhalten. Die Zerftörung erfolgte vielmehr von anderer Seite, nämlich 
durch die Regierung des eigenen Landes. Als die Feftung ihre Bedeutung als folche 
nach dem Ausgang des Mittelalters verloren hatte, wohnten auf der Burg meift kur- 
pfälzifche Beamte und eine kleine Garnifon, die fhließlich nur noch aus einigen 
Invaliden unter einem Wachtmeifter beftand. Bereits im Laufe des 18. Jahrhunderts 
waren manche Teile des Schloffes baufällig geworden; fchon bei der Erbauung 
der katholifchen Kirche (1728) holte man von dort die Steine. Da man die Unter- 
haltungskoften fCheute, wurde der Abbruch der einft fo ftolzen Burg befchloffen und 
im Jahre 1781 damit begonnen. Die Materialien wurden teils zur Errichtung fis- I 
kalifcher Gebäude, teils zu Straßenpflafter verwandt und der Reft für 496 Gulden ll 
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zum Abbruch verfteigert. Selbft die alte, ehrwürdige Linde im Schloßhofe mußte der 
Zerftörungswut zum Opfer fallen, in der fich befonders zu ihrem eigenen Vorteil der 
Oberamtsverwefer Morlock, der Amtsverwalter Mack und der Rentamtmann Ferber I 
hervortaten, fodaß der Volksmund das wohlberechtigte Wort prägte: Morlock, Mack 
und Ferber, Burg Lindenfels’ Verderber. Zugleich wurden auch die Mauern und 
Türme der Stadtbefeftigung zum größten Teil niedergelegt und damit dem ftaatlich 
gutgeheißenen und verordneten Vandalismus die Krone aufgefett. So ging die Burg | 
Lindenfels als Ruine in den Befit Heffens über. Durch die heffifche Regierung wurde 
aber nicht nur ihrer weiteren Zerftörung Einhalt geboten, fondern auch zu ihrer Er- 
haltung eine jährliche Summe ausgefest. 
In der regelmäßigen, länglich-viereckigen Form des Grundriffes der Stadtbefeftigung 
fehen wir die planmäßige Anlage eines fürftlichen Landftädtchens des 14. Jahrhunderts, I] 
wie folche feit dem 13. Jahrhundert bereits in großer Anzahl gefchaffen wurden.!) | | 
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Ur[prünglich war der ältere Stadtteil hauptfächlich von Adeligen bewohnt, die Zahl 
der Bürger war gering und vermehrte fich erft fpäter, fodaß im Norden die auf dem ||| 
Merianfchen Bilde erkennbare Vorftadt entftand mit Tor, Wall und Graben. Die Il) 
Fundamente diefes äußeren nördlichen Tores find noch nachweisbar; es ftand zwifchen | | 
dem jegigen Eulerfihen Haus und dem Anwefen des Sattlermeifters Riebel. Das 
nördliche Haupttor dagegen ftand zwifchen der Scheuer des Heffifchen Haufes und Il) En 
dem Haufe von Ludwig Rauch. Durch dies Haupttor führte die Straße in füdlicher | | 
Richtung bis zum unteren Burgtor und zerlegte fo die Stadt in zwei ungleiche Teile. |) 
Die alte Hauptftraße dagegen, die von der Burg und Stadt in die Ebene und weiterhin | 
  
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in die Pfalz führte, zog, dem Ellenbach-Fürther Weg entfprechend, füdlich herauf zur 
Stadt und wurde von einem äußeren und einem inneren Tor abgefchloffen. Das 
Untergefchoß des inneren Tores war zu einem Gefängnis hergerichtet, die „Begen- 
kammer“. Sie ift heute noch vorhanden, ihr Eingang aber zugemauert. Beim inneren 
Tor wendet fich die Straße nach Nordweften und ftößt faft rechtwinklig auf die erfte 
Hauptftraße, fodaß die weftliche Stadthälfte wieder in zwei Viertel zerlegt wird. Am 
Schnittpunkt der Straßen lagen Markt und Rathaus. I 
Das Merianfche Bild vom Jahre 1634 zeigt links vom nördlichen Haupttor den | 
alten Bürgerturm mit dem fpiten, von vier Ecktürmchen flankierten Dach, der zu | 
dem Scherzwort Anlaß gab: „Fünf gerade ift das Wahrzeichen von Lindenfels.“ 
Die Dachtürme mußten der Zerftörungswut Macks weichen, der Hauptbau aber bot ihr 
') Vgl. Meier, P. J., Die Grundrißbildungen der deutfchen Städte des Mittelalters. Achter 
Tag für Denkmalpflege in Mannheim 1907. Stenogr. Bericht S. 151 ff. 
  
	        
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