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gegenüber den Anfprüchen mißgünftiger Nachbarn, in erfter Linie des Bistums
Worms, auf eine alte Schenkung Karls des Großen zurückzuführen (Schenk zu
Schweinsberg, Archiv für heff. Gefch. XIV, 441f.; Chrift, K., Vom Rhein
1907 S. 10; Huffchmid, Oberrhein. Ztföhr. VI (1891) S. 105; Boos, Gefch.
der rhein. Städtekultur I, 223ff.; dagegen Kiefer, Beitr. I, 40 ff.). Aber immer-
hin waren es fürftliche Schenkungen, geeignet, die Macht und das Anfehen des
Klofters zu heben. Dies gefchah auch durch die Verleihung wichtiger Privilegien.
Durch die commendatio des Abtes Gundeland in den unmittelbaren Schu des Königs
(C.L.I, 4) und durch das Immunitätsprivilegium Karls des Großen
vom Mai 772 (C.L.1I, 5) war das Klofter aus der geiftlichen Gewalt des Erz-
bifchofs von Mainz, in deffen Sprengel es lag, eximiert und aus der weltlichen
Gewalt der Gaugrafen befreit und der Abt zu einem Reichsfürften erhoben worden,
dem in feinem Gebiet die Gerichtsbarkeit und die Erhebung feither königlicher
Gefälle zuftand.
Die hohe Gerichtsbarkeit wurde durch Vögte ausgeübt, denen zugleich der Schuß
des Klofters oblag.!) Die niedere Gerichtsbarkeit verwalteten Untervögte und
Schultheiße. Die reichen Befigungen der Abtei wurden an Vafallen zu Lehen
gegeben, die zum Teil den angefehenften Grafen- und Adelsgefchlechtern ange-
hörten. Sie hatten neben den feftgefegten Abgaben auch anftelle des Fürftabts
ein beftimmtes Kontingent zum Reichsheere zu ftellen. Im 11. Jahrhundert vergab
der Abt zwölf Haupt- oder Fahnenlehen. Die Blüte der Abtei kam auch zum
Ausdruck durch eine glanzvollere Ausgeftaltung des fhnell erbauten und in ein-
zelnen Teilen nur dürftig ausgeftatteten Klofters und feiner Kirchen, in der An-
lage einer reichen, berühmten Bibliothek und einer ausgedehnten Tätigkeit im
Dienfte der Kultur.
Außer der Hauptkirche des heiligen Nazarius werden im Klofterbezirk
noch erwähnt die Kirchen oder Kapellen des heiligen Stephanus, der hei-
ligen Afra, des heiligen Udalrich und die als ecclesia varia — bunte
Kirche, Vehenkirche — oftgenannte Muttergotteskirche. Da diefe als Grab-
ftätte der Könige diente, ift es nicht zu bezweifeln, daß fie, wie auch Falk S. 100
angibt, mit der Hauptkirche in Verbindung ftand. Sie wird noch 1320 urkund-
lich erwähnt.
Schwer bedroht wurde die Abtei, als Heinrich IV. fie feinem Günftling, dem Erz-
bifchof Adalbert von Bremen, zum Gefchenk machte. Aber durch die Standhaftigkeit
des Abtes Udalrich, die Treue feiner Vafallen und den 1066 zu Trebur erfolgten
Sturz Adalberts wurde die Gefahr abgewandt. Zum Schuß des Klofters wurde da-
mals die Fefte Starkenburg angelegt.
Bald darauf 1071 — erneuerte Udalrich das faft in Vergeffenheit geratene
Mutterklofter von Lorfch — cellam Aldenmunfter, primitivam ecclesiae nostrae
') Als Kloftervögte fungierten anfangs die Gaugrafen des Oberrheingaues. Nach der Auf-
löfung der Gauverfaffung erfcheinen im Anfang des 11. Jahrhunderts als Kloftervögte die
Grafen von Calw, zu denen auch Berthold I. (F 1122) und Berthold II. von Linden-
fels (} nach 1130) gehörten. Von diefen kam die Vogtei durch Verwandtfchaft an Boppo
v. Henneberg (+ 1156), deffen Bruderstochter Irmengard mit dem Pfalzgrafen Konrad
v. Staufen vermählt war, wodurch die Vogtei auf diefen überging und nunmehr bei den
Pfalzgrafen bei Rhein verblieb bis zum Untergang der Abtei. (Über die fehr verwickelte
Frage der Kloftervögte vgl. Stälin, Chr. Fr., Württemb. Gefch. 1847. II, 367; Stälin, J. F.,
Gefchichte Württembergs 1882 S. 441ff.; Bauer, H., Württemb. Jahrb. 1847 11, 165 ff. ;
Archiv für heff. Gefch. VIII, 272; Ztfchr. für Württemb. Franken VIII, 209 ff.).
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