Full text: Die Kunstdenkmäler des Kreises Bensheim (A, [4])

  
  
  
  
     
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
  
  
  
  
   
  
   
     
306 Anhang 
Heffen kam. Die Pfalzgrafen dagegen befaßen die niedere oder Dorfgerichtsbarkeit mit 
Zehnten und Gefällen bis auf zwei kleinere Anteile, die den Schenken von Erbach und 
den Ulnern von Dieburg gehörten.!) Die Erbacher trugen ihren Anteil von der Pfalz zu 
Lehen; er beftand nach den Lehensbriefen von 1398, 1438 und 1443 nur aus einer Hube. 
Dagegen werden aus pfälzifcher Zeit in der Bickenbacher Chronik des Pfarrers M. M. Walther 
(ed. Diehl, S. 26) 10'/, pfälzifche Huben erwähnt. Von den Pfalzgrafen trugen nach dem 
Lehensbuch Ruprechts III. im Münchener Hausarchiv (1398-1400) Hertwig Creis von Wyn- 
heim, Hennel Wißcreiß von Lindenfels und Arnolt Creiß von Lindenfels Gericht und Zehnten 
in Reichenbach zu Lehen (Reg. d. Pfalzgr. 6370, 6384, 6385). Im Jahre 1561 fand dann ein 
Taufch zwifchen Kurpfalz und Erbach ftatt, wonach erftere ihren Anteil an Reichenbach und 
die Dörfer Lautern, Geidenau (Gadernheim) und Reilnbach (Raidelbach) gegen die Dörfer 
Muttershaufen (Mittershaufen), Scheuerberg, Mittellechtern, Knoda, Breitenwiefen, Schanden- 
bach, Oberlaudenbach und zwei Häufer zu Scharbach an das Haus Erbach abtrat (Schneider, 
Urk. S. 560 ff. Nr. 39/2 und 3). Doch trugen die Grafen von Erbach auch die eingetaufchten 
Orte fernerhin von Kurpfalz zu Lehen (Lehensbriefe von 1653 [Scriba, Reg. 2387] und 1720 
[ib. Nr. 2443]). Den Ulnerifchen Anteil taufchte Erbach 1563 gegen das Dörfchen Igelsbach bei 
Lindenfels ein, fodaß nun ganz Reichenbach zu feiner Herrfchaft gehörte (Simon, S. 1471). 
2. Damit ftimmt die von M. Walther 1. c. mitgeteilte mündliche Überlieferung überein, 
„das man vor Alters zu Reichenbach kein Tauff gehabt, fondern mann hab die Kinder zu 
Benßheim oder Beedenkirchen taufen laffen“, wozu Walther bemerkt: „quod forte factum 
ante allatum Baptisterium“. Da ferner nach der Mitteilung Walthers der alte Taufftein die 
Jahreszahl 1521 oder 1522 zeigte, fo darf angenommen werden, daß damals die Kirche das 
Taufrecht erhielt. Und fo erklärt es fich wohl auch, wenn bei Würdtwein |. c. die Kirche 
1521 noch filialis, 1523 dagegen, nach Verleihung des Taufrechts, parochialis genannt wird. 
Immerhin hatte das Domkapitel zu Mainz, bezw. der Pfarrer zu Bensheim, noch die Pflicht, 
den Pfarrer zu unterhalten und auch nach der Reformation noch zu den Baukoften der Kirche 
beizutragen, denn es bezog ein Drittel des großen Zehnten (Reichenb. Chronik S. 79 ff.). 
3. Zu Reichenbach gehörten einft noch die ausgegangenen Dörfer Hohenftein, Graulen- 
bach und Hohenrode. Hohenftein — 1339 Hohenftein, 1428 und 1473 Hoenftein — 
war [chon im Anfang des 14. Jahrhunderts als pfälzifches Lehen im Befit der Herren von 
Erbach. 1339 bewittumt Schenk Konrad IV. mit der landesherrlichen Einwilligung des 
Pfalzgrafen Rudolf II. feine Gemahlin mit Gefällen auch in Hohenftein (Simon, Urk. Nr. 31). 
Schenk Eberhard IX. belehnt 1422 mit Hohenftein Hans von Erlekein und feine Stief- 
brüder (Wagner, Wüft. I, 31). Nach mehrfachem Befigwechfel — Verkauf an Anna Schenk 
von Erbach, geb. von Bickenbach 1451 und an Hans Jude vom Stein 1473 — erfcheint der 
Ort 1484 wieder als Lehen derer von Erlickheim, fiel aber noch vor 1561 wieder an Erbach 
zurück (Simon, S. 149). Im Jahre 1828 beftand das Dorf aus zwölf Häufern mit 84 Ein- 
wohnern. Während der Jahre 1834—1837 wurden von dem Grafen Ludwig von Erbach- 
Schönberg die einzelnen Hofreiten famt ihrer Gemarkung für etwas mehr als 30000 Gulden 
angekauft und an ihrer Stelle der herrfchaftliche Hof angelegt, der heute noch im Befit 
des Fürften von Erbach-Schönberg if. Graulenbach (Grawelbach, Gruwelnbach, Grubel- 
bach) und Hohenrode (Hanrode, Hunrode), das erftere einft nordöftlich, das andere füd- 
lich von Reichenbach gelegen, werden zuerft in Urkunden aus den dreißiger Jahren des 
14. Jahrhunderts erwähnt, find aber im Anfang des 16. Jahrhunderts bereits ausgegangen. 
Im Weistum 1514 (Schneider, Urk. S. 562 Nr. 39/4; Grimm, Weistümer I, 475) erklären 
die Schöffen von Reichenbach, „fie haben von jren voraltern gehört, daß Grawelbach vnd 
Hanrode zwey Dorfflin geweft vnd gegn Reichenbach jns heyngericht gangen find, auch 
an den vier angebotten (= ungeboten) gerichten zu Reichenbach am pfaltgrauifchen gericht 
gerügt vnd furbracht gleich dem fchoffen, alfo das Reichenbach, Grawelbach vnd Hanrode 
ein gemarck, darinn fein fürftlich gnad der ober Her fey.“ Trogdem die beiden Orte dem- 
nach fchon frühe ausgegangen waren, werden fie doch in den pfälzifchen Lehensbriefen 
von 1653 (Scriba, Reg. 2387) und 1720 (ib. 2443) immer noch ausgeführt (vgl. Wagner, 
Wüft. S. 22 ff. und 31). 
Schlierbacd. I. In dem Auszug aus dem Synodalregifter der Diözefe Worms vom 
Jahre 1496 (Darmft. Staatsarch. V, 7 Conv. 80) ift zu Furtt von fpäterer Hand hinzugefügt: 
Filia Lindenfels c. Schlirbach. Offenbar von derfelben Hand rührt die Fußnote her: Nota. 
Lindenfelg und Schlierbach beide filial von fürtt. modo Rdus, frater francifcus plat religiofus 
in Erpach paftor ibidem. 1630. Die Lesart Dahls (Lorfch. Urk. S. 18) Fürth cum Lindenfels 
et Schlierbach ift zum mindeften ungenau. Die Note im Synodalverzeichnis bezieht fich 
auf die Zeit des dreißigjährigen Krieges, in der nach der Niederlage der Pfalz überall die 
katholifche Lehre eingeführt wurde, bis mit dem Eingreifen der Schweden (1631-1634) 
ein vorübergehender Wandel eintrat. 
!) Vgl. das Weistum der Schöffen zu Reichenbach vom Jahre 1514 (Schneider, Urk.S. 562 
Nr.39/4; Grimm, Weist. I, 475).
	        
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