Full text: Kreis Worms ([B, 1])

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Südportal 
   
184 KREIS WORMS 
romanischen Bauteilen von denjenigen an den gotischen Kapellenanbauten hinzuweisen. 
Während bei diesen die rein geometrischen Linienzusammensetzungen die Regel bilden, 
finden wir bei jenen, ihrer früheren Entstehung entsprechend, auch figürliche Dar- 
stellungen; wir sehen z. B. das Kreuz, den Drudenfuss, den Schlüssel, den Hammer 
oder das Beil, die Bahre, die Sanduhr, Quadrate und Dreiecke, durch Linien regel- 
mässig abgeteilt. Die letzteren sind übrigens ein Beweis mehr dafür, die Haupt- 
bauzeit des Domes nicht vor die Mitte oder das Ende des 12. Jahrhunderts zurück- 
zuverlegen *). 
Unter den Details, welche eine gesonderte Behandlung verdienen, steht obenan 
das berühmte AZauptportal im Süden (Fig. 88), ein allegorisches Werk aus deı 
guten Zeit der gotischen Kunst. Denn es muss dem Stil und der Tiefe seiner 
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Symbolik nach mit den unmittelbar anstossenden Teilen der Nikolauskapelle gleichzeit 
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sein, deren Entstehung dem Anfang des 14. Jahrhunderts zuzuweisen ist (S. 176). Die 
Steinfigur des Bischofs, welche an dem Strebepfeiler der Chorecke der Nikolauskapelle 
steht und neben der der Name H. Anselmus eingemeiselt ist, gehört gewissermassen 
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schon zum Südportal, wie sie die letzte der Skulpturen an der Kapelle ist. Ihr 
gegenüber auf der anderen Seite der Treppe sind die vier allegorischen Figuren, 
deren Deutung schon so häufig unternommen worden ist. 
Ausser diesen vier Figuren, die eigentlich nicht am Portal selbst, sondern an 
der Südwestecke der Annakapelle stehen, erscheint sämtlicher figürlicher Schmuck 
des Hauptportals in dessen beiden Hohlkehlen, in dem Giebelfeld darüber und in 
dem 'Tympanum der Thüre, die sich in dem sonst durch Glasfenster geschlossenen 
Portal als Eingang zur Kirche öffnet. Diese Glasfenster sind in gutem gotischen 
Masswerk eingelassen. Uber dem Portal ist durch einen aufgesetzten, mit Krabben 
gezierten Giebel ein Feld gebildet, welches die das Ganze bekrönende grösste alle- 
gorische Figur einnimmt. 
Diese, ganz frei herausgearbeitet, stellt eine gekrönte, reich gekleidete Frau 
dar. Sie reitet auf einem Tiere, das vier Köpfe hat, einen Menschen-, einen 
Löwen-, einen Ochsen- und einen Adlerkopf. Diese vier Symbole der Evangelisten 
erscheinen ebenso in den Füssen des Ungetüms, das einen Menschen-, einen Löwen-, 
einen Ochsen- und einen Adlerfuss hat. Die Köpfe mit den Hälsen treten in 
lebhafter Bewegung vor die Giebelschenkel hervor. 
Die Erklärung der triumphieren- 
den Frau als Kirche ergiebt sich von selbst. In den Hohlkehlen des Spitzbogens 
darunter befinden sich einander entsprechende Darstellungen des alten und neuen 
Testaments; an den Hohlkehlen der geraden Thürgewände unter dem Ansatz des 
Spitzbogens, sind zur Linken des Beschauers die vier Evangelisten mit ihren Tieren, 
zur Rechten die vier grossen Propheten Jesaias, Jeremias, Ezechiel und Daniel in 
auf Konsolen frei stehenden und mit Baldachinen überdeckten Figuren wieder- 
gegeben. Darüber in Hohlkehlen befinden sich von links anfangend, erst von unten 
nach oben und dann von oben nach unten gehend, folgende paarweise Dar- 
stellungen **): 
*), Klemm, Württemberg, Baumeister S. 
**) S. dä. Falk, Die Bildwerke des Wormser D« ms 8. 17 
         
  
  
  
  
   
    
  
  
  
  
  
  
   
     
    
  
  
   
    
   
    
    
     
   
   
      
      
        
   
         
	        
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