Full text: Kreis Worms ([B, 1])

  
  
    
212 KREIS WORMS 
tiefer, als das ursprüngliche war. Man sieht über den jetzigen Gewölben in den 
beiden Langmauern des Mittelschiffs noch die ersten Gewölbeansätze und teilweise 
Dienstkapitelle. Die Langmauern sind in ihren oberen Teilen 
mittelaltrigen Gewölbe, 
nach aussen aus dem 
Lot gewichen, welcher Vorgang mit der Zerstörung der 
die wir wohl dem Stadtbrand von 1689 zuschreiben müssen, zusammenfällt. Dem 
14. Jahrhunderts endlich könnte das grosse Westportal angehören; am 
Anfang des 
Charakter. Das 
Südportal hat die Architektur sogar einen noch etwas früheren 
geduldige Mittelalter baute eben Jahrhunderte lang an seinen Kirchen, je nachdem 
die Kräfte und Mittel da waren, oft unterbrochen durch Störungen aller Art, aber 
stets gleich beharrlich in dem Ziel, das zu Ehren Gottes dienen sollte, an seinen 
Kirchen, die uns Modernen doch so harmonisch aussehen, als seien sie aus dem 
Kopfe eines Einzelnen entsprungen. Die Liebfrauenkirche war schon im Mittelalter 
ein besuchter Wallfahrtsort wegen des Gnadenbildes der h. Jungfrau, das heute 
noch den Hochaltar ziert. Die Wormser Bürgerschaft nahm grossen Anteil an der 
Kirche: beim Bau halfen die Zünfte mit, deren Wappen auf den Schlusssteinen des 
Gewölbes des Langhauses erscheinen. Allerlei Beschädigung, aber keine Zerstörung 
erlitt die Kirche im dreissigjährigen Krieg, als die Soldateska in ihr und den 
Der Stadtbrand von 168g verschonte die 
die Dächer der Schiffe 
Die 
anliegenden Gärten sich breit machte *). 
Kirche nicht; er zerstörte das Gewölbe des Mittelschifis , 
den Steinhelm des südlichen Turmes so, dass er einstürzte. 
und beschädigte 
hher wieder hergestellt. 
Dächer der Schiffe wie das Gewölbe wurden einige Jahre nac 
Diese Renovation ist datiert durch das Wappen des Bischofs Franz Ludwig von 
der Pfalz (1694-— 1732), das sich am Schlusssteine des zweiten Jochs von Osten 
/ 
aus befindet. Mit dieser Zeitperiode stimmen auch die Behandlung der 
1 (Jungfrau, S. Martin, Christus) überein und die 
Bildwerke 
an den andern Schlusssteinen 
Flachheit der Gewölbe. Einen noch näheren Anhaltspunkt für diese Restaurierungs- 
arbeiten giebt ein Aktenstück vom Mai 1708 im Wormser Archiv, in dem man von 
einem vorhabenden Kirchenbau redet. Auch wurde damals die Orgeltribüne erbaut. 
In Folge der französischen Revolution ging das Stift ein (1502), 1514 wurde die 
Kirche ein Stroh- und Heumagazin, was weiteren Verfall zur Folge hatte. 1810 
wurde die mittlerweile der Pfarrei St. Martin zugeteilte Kirche wieder zum (rottes- 
dienst hergerichtet. Die Restauration von 1882 und 1883, die durch Herrn Baurat 
Heim ausgeführt wurde und die herbeigeführt zu haben ein 
im Innern wieder vollständig her, ergänzte 
Verdienst des Pfarrers 
zu St. Martin Reuss ist, stellte die Kirche 
den Südturm und setzte einen kleinen Dachreiter auf die Vierung,. 
Die Liebfrauenkirche stellt sich als eine dreischiffige Anlage dar mit über- 
höhtem Mittelschiff, einschiffigem, über die Seitenschiffe wenig ausladendem (Juer- 
haus und einem dreiseitig im Achteck geschlossenen Chor, den ein Umgang in der 
Höhe der Seitenschiffe umgiebt. Zwei Türme stehen im Westen zur Seite des 
Portals von quadratischer Grundfläche, deren Breite der Breite der Seitenschiffe 
gleichkommt. 
*) Ein Bericht im Wormser Stadtarchiv vom ı2/2. Januar 16 berichtet davon. 
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Akten betr. Baumeisteramt XVI—XVIll Jahrh. Nr. 1352.) 
     
    
   
  
    
  
   
   
  
  
   
  
  
   
   
   
   
   
   
   
   
  
   
  
  
   
    
   
  
   
    
   
  
   
  
   
  
   
   
  
  
  
   
	        
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