134 Baubefchreibung: Das Innere des Domes, Weftchor
(in der Nordkoncha) unter dem Fenfter einen vermauerten Türfturz und einen Bogen
darüber: das kann doch nur der Reft einer Tür fein, die viel höher angelegt wurde,
als die heutige Fußbodenlage geftattet. Umgekehrt zeigt die Tatfache, daß die Sockel
und Bafen der Vierungspfeiler innerhalb der Vierung heute tief im Boden ftecken, daß
der Fußboden der Vierung einft viel tiefer gelegen hat. Dehnen wir unfere Beobach-
tung noch auf die Querhausflügel aus, fo zeigt fich, daß hier möglicherweife!) der Fuß-
boden um etwa 16 cm (eine Stufe) tiefer gelegt worden ift, als er urfprünglich lag.
Nehmen wir all das zufammen, fo ergibt fich, daß urfprünglich im eigentlichen Chor
der Fußboden fehr hoch lag, im ganzen Querhaus aber nur um eine Stufe höher als
im Langhaus, und daß Querhausflügel und Vierung diefelbe Fußbodenhöhe hatten.
Wie die Treppenanlage am Chor gedacht war, wiffen wir nicht.
Diefer Zuftand ift fchon fehr früh verändert worden. Die Zugänge zum Weftchor
aus den Querhausflügeln beweifen, daß fChon zu der Zeit, als diefe Gänge durch die
Chorwände durchgebrochen wurden, der Boden des Chors tiefer gelegt worden fein
muß. Denn die Schwelle der Portale zu diefen Zugängen im Weftchor liegt um 1,28 m
tiefer, als der Fußboden urf[prünglich lag (oder liegen follte). Gleichzeitig wurde der
Fußboden in den Querhausflügeln auf die gleiche Höhe mit dem Fußboden des Lang-
haufes gebracht. Ob auch der der Vierung, wiffen wir nicht. Es ift das aber aus den
Gründen, die unten erörtert werden, fehr unwahrfcheinlich.
Warum fChritt man zu diefen Veränderungen, warum vor allem legte man die merk-
würdigen Gänge aus den Querhausflügeln in den Chor an? Schneider hat offenbar
fehr richtig darauf hingewiefen, daß ohne diefe energifche Korrektur der ganze wunder-
volle Weftbau höchft unpraktifch geblieben wäre. Man brauchte auch hier am Weftende
des Domes eine Sakriftei. Sie konnte, da an die Querhausflügel nach Weften zu einer-
feits das Paradies, andererfeits der Bifchofshof angefchloffen war, nur an das Chor-
haupt felber angebaut werden. Somit wäre der ganze Verkehr von und zur Sakriftei
immer durch den zum Chordienft befiimmten Raum gegangen. Das war unerträglich.
Wenn man aber die Chorftühle etwa fo aufftellte, wie fie auch heute ftehen (Abb. 1
auf S. 4), fo blieb hinter ihnen, in den Nifchen, Raum genug für einen Zugang zu einer
Sakriftei. Wenn man alfo in die Nifchen auch von außen her gelangen konnte, fo war
alles in Ordnung. Das war aber nur möglich, wenn man den Chor mit dem Querhaus
durch Gänge quer durch die Winkel zwifchen den Querhauswänden und den föhrägen
Mauern der nördlichen und füdlichen Chornifthe verband. So gefchah es. Und nun
hatte man einen bequemen Zugang zur Sakriftei, die man nordweftlich an den Chor
anfChloß, einen Zugang, der den inneren Chorraum felber nicht berührte. Die Tür-
fehwelle der Sakriftei liegt in der Höhe des heutigen Chorniveaus. Das ift nicht nur
ein Beweis, daß das Tieferlegen des Fußbodens mit dem Bau der Sakriftei zufammen-
hängt: es gibt auch eine Erklärung für das Tieferlegen felber : man wollte inden dunklen
Gängen und in dem vielbenütten Zugang zur Sakriftei keine überflüffigen Stufen haben.
Überdies entfprach ein hoch über das Niveau des Schiffes emporgehobener Chor
mit fteiler Treppe dem Empfinden des 13. Jahrhunderts nicht mehr. Und endlich hat
vielleicht bei der ganzen Umgeftaltung der urfprünglichen Anlage noch eine andere
Überlegung mitgefpielt. — Der Chorraum ift nicht fehr groß. Vielleicht hob man [&hon
jegt den Fußboden der Vierung wenigftens um einiges, fchob den Altar in die Vierung
') Vollkommen ficher ift die Sache nicht. Die merkwürdigen Wandfockelvorfprünge in den
Querhausflügeln beweifen nicht viel. Mehr als eine Stufe kann der Unterfchied jedenfalls
nicht betragen haben: das verbietet die Lage der Bafen am Eingangspfeiler im füdlichen
Querhausflügel.
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