Full text: Der Dom zu Mainz (B, [2], Band 2, Teil 1)

   
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Baubefchreibung, die Einbauten: Oftchorlettner 159 
denken; ob nun aber das eiferne Gitter Bourdons vor ihr ftand, oder auf ihr — wie 
wir es ähnlich an den äußeren Bogenöffnungen der Chorbühnen fthon vermutet 
haben -— oder ob etwa das eiferne Gitter nach Bourdons Zeiten durch diefe Baluftrade 
erfett wurde, wiffen wir vorerft nicht. Auch hier Könnten vielleicht die Domkapitels- 
protokolle Auffchluß geben. 
Das heute den Weftchor nach dem Mittelfchiff hin abf&hließende, 0,92 m hohe 
[chmiedeeiferne Gitter, eine ganz tüchtige Arbeit aus der Rokokozeit, ftammt 
von dem gefchweiften Altane des kurz vor 1898 abgebrochenen Halenzaf&hen Haufes, 
das an Stelle des Haufes Markt Nr. 2 neben der Gothardkapelle ftand (auf unferer 
Tafel 2a ift es am linken Rande noch zu fehen). Bei der Einpaffung an feinen heutigen 
Plat im Jahre 1898 wurde das Gitter geradegeftreckt, an verfchiedenen Stellen aus- 
gebeffert, fonft foll aber nach Ausfage des Schloffermeifters Herrn Strobel der alte Zu- 
ftand ftireng gewahrt worden fein. Nur die im rechten Winkel vorfpringenden Stügen 
feitlich der Türe und die in die Türflügel eingeflochtenen Blütenzweige find neue Zu- 
tat. Ein weiteres Stück diefes Geländers dient jet als Abfchluß der Viktorkapelle. 
Auf der Abbildung b auf Tafel 34 ift rechts der Anfang des Gitters fichtbar. 
Auch der Oftchor hat feinen Lettner gehabt. Beim Abbruch des Pfeilereinbaues 
unter dem Triumphbogen des Oftchors fanden fich 1874 hinter den vorgemauerten 
Pfeilern des 15. Jahrhunderts, jeweils angefchloffen an die alte Pfeilervorlage unter 
dem Triumphbogen, auf beiden Seiten Refte eines Lettners.!) Und zwar: an der Süd- 
feite eine kurze Säule auf gotifcher Schüffelbafis mit hohem Blätterkelchkapitell, da- 
rauf die Figur eines Atlas unter die fehwere Laft eines Kämpfers gebückt, auf ein 
derbes Holz geftügt; an der Nordfeite eine hohe, aus zwei Stücken zufammengefette 
Säule mit gleicher Bafis und ebenfalls mit hohem Blätterkelchkapitell (aber von anderer 
Zeichnung): hier trug die Säule unmittelbar den Kämpfer. Die beiden Stügen fußten auf 
dem Niveau, das der Oftchor das ganze Mittelalter hindurch gehabt hat. Als fie errichtet 
wurden, hatte der Chor keine Krypta. Heute ftehen fie im Kreuzgang (Tafel 35). 
Ferner fanden fich im Fußboden „in der Mitte, da wo nur ein Ciborium geftanden 
haben kann“, allerlei Bruchftücke von Kapitellen und Rippen (zurzeit im Obergefchoß 
des Kreuzganges verwahrt). Schneider nimmt an, der Lettner möchte die Gefamtform 
des Friedberger Lettners gehabt haben (alfo die eines quadratiföhen Ciboriums), und die 
Verbindung der Mitte nach den Seiten fei „mit Sicherheit“ durch eine Holzarchitektur 
mit eifernen Gittern bewerkftelligt worden. Demgegenüber glaubt W. Noack — gewiß 
mit mehr Wahrfcheinlichkeit — den Lettner als einen vollkommenen Steinbau rekon- 
ftruieren zu können. Noack nimmt an, daß jene Stützen überhaupt nur den Zweck 
hatten, die Wandgliederungen des Oftchors, die 3,80 Meter über dem Fußboden, da 
wo die beabfichtigte Krypta hätte anfchließen follen, unvermittelt aufhörten, zu unter- 
fangen. Der Lettner hätte dann ganz unabhängig von diefen Stügen etwas weiter zu- 
rück (öftlich) geftanden. Noack denkt ihn fich als gerade Bühne, vorn in drei Arkaden 
(Pfeiler mit Spigbogen) geöffnet; die Rückwand in der Mitte hinter dem vorauszu- 
fegenden Altar gefchloffen, die Seitenteile in Doppeltüren aufgelöft; das Ganze mittels 
1) Fr. Schneider, Gräberfunde. Nachtrag S. 534ff. Derfelbe, Vom Mainzer Dom (Träger 
und Kapitäle vom frühgotifchen Lettner am Oftchor des Mainzer Domes). Correfpondenzblatt 
des Gefamtvereines der Deutfchen Gefchichts- und Alterthumsvereine XXII. 1874. Nr. 4. 
S. 27 nebft einer Tafel. E. Vetterlein, Das Auftreten der Gotik am Dom zu Mainz. Darm- 
ftädter Diff. 1902. S.15 ff. W. Noack, Die Kirchen in Gelnhaufen. Hall. Diff. 1912. S.53f. 
Derfelbe im dritten Bericht über die Denkmäler deutfcher Kunft: Berlin 1914. Diefe zu- 
lestgenannte, gut illuftrierte Darftellung ift die wichtigfte. Sie ftellt den erften ernfthaften 
Verfuch einer Rekonftruktion des Lettners überhaupt dar. 
     
   
  
  
  
   
   
  
  
   
   
  
  
   
  
  
  
   
  
   
  
   
  
  
   
   
  
    
  
  
   
   
  
  
  
    
  
  
    
  
  
   
   
   
   
   
       
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