Kapelle II
Schreinaltar
192 Ausftattung: Kruzifix Rauchmüllers
Baffenheimer oder Fürftenberger Altares zu fegen fein. In den Barbara-Altar werden fie
wohl bei der Ausbefferung in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts gekommen fein.
Auch das Kruzifix hat feine Leidensgefchichte (Tafel 38 nach der Photographie
Kroft). Bodmann bemerkt handfchriftlich in feinem Exemplare des Gudenus II S. 778
(Stadtbibliothek Mainz): „diefes über 16 Schuh hohe, f&hwarzbraune Kruzifix wurde
von den Franzofen gleich anderen Altären und Bildern öffentlich am 17. Februar 1801
verfteigert und an einen hiefigen Bildhauer Nahmens Scholl für 22 flor (Gulden) ab-
gegeben — war wenigftens 20 Louisdor wert.“ Über diefe Verfteigerung ift oben in der
Einleitung zu der Ausftattung (S. 174 f.) das Nötige gefagt. Der Bildhauer Scholl ift Georg
Scholl.!) Durch diefen oder feinen Sohn Jofef, der die Denkmäler des Domes ausbe[ferte,
wird fpäter das Kruzifix wieder in den Dom und an feinen alten Plag gekommen fein.
Als im Jahre 1868 der Barbara-Altar abgebrochen wurde, hängte man das Kruzifix
hoch oben an die Nordwand des Querfchiffarmes, zwifchen Naffauer Altar und dem
Eingang zur Gothardkapelle (f. Abb. 86n). Im Jahre 1902 ließ Fr. Schneider es herab-
nehmen und reinigen; dann wurde es an derfelben Wand, nur etwas tiefer, über dem
damals dort errichteten Grabdenkmal für Bifchof Haffner aufgehängt.?) Auch diefer Plat
ift noch etwas zu hoch und die Verbindung mit dem maffigen Grabdenkmal nicht glück-
lich; überdies ift auch die Beleuchtung mit ihrem zu ftark feitlichen Lichte nicht be-
fonders günftig. Das Kruzifix war eben als Mittelftück für einen Altar beftiimmt und
für einen dementfprechenden Standpunkt gearbeitet. Der Kruzifixus felbft ift aus
einem mächtigen Apfelbaumftamme gefchnitten. Wie Schneider a. a. O. feftgeftellt hat,
war die Figur nie bemalt, fondern das Holz in feiner Naturfarbe belaffen, nur das
Blut war in feiner Farbe unmittelbar auf das Holz aufgetragen, und diefe hat fich
hier auch noch erhalten.
Für die künftlerifche Würdigung des Stückes fei auf die Darlegungen Schneiders
und Haendckes in den bereits angeführten Auffägen und auf unfere Abbildung ver-
wiefen. Die Behandlung der Körperformen und die ihrer anatomifchen Verhältniffe
verrät alles die Meifterhand. Im Streben nach ftärkerer Betonung der Naturwahrheit,
befonders in der Behandlung des Kopfes, zeigt fich f&hon der Geift des Barocks. Aber
im ganzen haben die Formen, befonders die Muskulatur, noch etwas Weiches, Ver-
fließendes, Elfenbeinartiges, was allerdings wefentlich durch das eigenartige Material
(Apfelbaum) bedingt fein mag. In der Gefchichte der Mainzer Plaftik bleibt das Werk,
wie auch fein Meifter, zunächft eine vereinzelt daftehende, fremdartige ErfCheinung.
Heute fteht an der Stelle des Barbara-Altars ein Schreinaltar mit gefchnigten
Figuren und Doppelflügeln. Die Predella ift neu, der Schrein aber ift alt. Nur ift
er nicht alter Befiz des Domes: er foll?) ein Gefchenk des Fürften Löwenftein-Wert-
heim an den Dom und in Nürnberg gekauft fein. Der Schrein ift 1,99 m hoch, 1,98 m
breit und aus Tannenholz. Von demfelben Holz find auch die Flügel, die Figuren
dagegen find aus Lindenholz. Photographie Kroft.
Im Schrein (Tafel 39 a) fieht man fünf Figuren: in der Mitte auf einer Knofpe ftehend,
die einem langen Stil entfpringt, den Jefusknaben, über ihm die Taube und oben Gott
Vater; links von ihm Maria, rechts Anna; außen links St. Ägidius, rechts St.Valentin.
Die Namen ftehen unten flach erhaben in dem vergoldeten Rahmen. In den Innenfeiten
der inneren Flügel find je zweimal drei Apoftel. Mittelfchrein und Flügel find mit
1) Über ihn f. Schrohe, Auffäge und Nachw. S. 180 f. und Neeb, Mainzer Zeitfchrift II S. 66.
2) Das Nähere [. bei Schneider „Das Kruzifix von Mathias Rauchmüller im Dom“. Mainzer
Journal 1902 Nr. 268.
®) Nach Ausfage des Domküfters Kroft, dem noch Fr. Schneider die Notiz gegeben hat.
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