Full text: Der Dom zu Mainz (B, [2], Band 2, Teil 1)

Muttergottes- 
altar 
200 Ausftattung, Altäre: St. Bonifatius (jett Muttergottes) 
diefe Zufchreibung auf fich beruhen mag, fo kann doch aus Kleins Angaben ge- 
[chloffen werden, daß die heute im neuen Muttergottesaltare ftehenden Figuren fich 
damals fChon auf dem alten Altare befanden (f. unten). Ferner ftand nach Klein noch 
auf dem Altare eine Gruppe „Auferweckung des Lazarus“; er bezeichnet fie als Ge- 
[ehenk des Domherrn Grafen Franz von Keffelftatt (F 1841). Es wird wohl die heute 
am Seitenfchiffpfeiler neben dem Baffenheimer Altar angebrachte gewefen fein. 
Größere Refte diefes der Mainzer Frühbarockzeit angehörenden Altares fowie deffen 
Widmungsinfährift befinden fich jest in der fogenannten Kapitelftube bei den Brendel- 
[chen Chorftühlen. Die noch vorhandenen Architekturftücke bildeten einft ihrer Form 
nach das Hauptgefchoß des Altares, der in feinem Aufbau dem ihm auch zeitlich nahe- 
ftehenden Saulheimer Altar (f. unten) ähnlich gewefen fein muß: auch hier ein von 
freiftehenden, gedrehten Säulen eingefaßtes Mittelftück mit feitlichen, gleichhohen 
Flügeln, die nach außen von Säulen gleicher Art gerahmt wurden. Alle Säulen ruhten 
auf viereckigen, verzierten Sockeln. Hier nur alles reicher: auf die Windungen der 
Säulen, die aus Lindenholz gefchnitt find, legen fich aus dem Stück herausgefchnitte 
Lorbeerzweige. Die reichen Kapitäle find korinthifch. In ihren Formen zeigen fie die 
engfte Verwandtfchaft mit denen des Saulheimer Altares, ebenfo auch das korinthifie- 
rende Gebälk; nur ftehen hier die die Gefimsplatte tragenden Konfolen wie üblich 
dicht aneinandergereiht, während fie am Saulheimer Altar nur vereinzelt, in weitem 
Abftande zwifchen Platte und Eierftab vortreten. Die heute auf dem Gebälke ftehenden 
Vafen könnten einft als feitliche Bekrönung eines Giebelauffages gedient haben. Jetzt 
hat man zwifchen ihnen die von einer Kartufche umrahmte Infchrifttafel mit der Grab- 
[Chrift des Stifters angebracht. 
Wahrfcheinlich im Zufammenhang mit der von Fr. Schneider beforgten Neuaufftel- 
lung der Brendelfchen Chorftühle hat man die eben befchriebenen Architekturteile des 
Altares zu einer Art offenen Doppeltüre oder zweifeitigen Bogens zufammengeftellt. Es 
bilden jegt das Mittelftück den inneren, die zufammengerückten Seitenflügel den äußeren 
Türrahmen, wobei dementfprechend das Säulengebälk zugerichtet wurde (an dem der 
Vorderfeite fieht man noch deutlich die Fuge, wo die rechte und linke Hälfte — wahr- 
[cheinlich die Teile, die einft über den Seitenflügeln lagen — aneinandergeftoßen find). 
Ob der Altar der Bonifatiuskapelle erft 1875 mit der Errichtung des neuen Mutter- 
gottesaltares befeitigt wurde oder ob er f£hon früher abgebrochen worden war, muß 
noch ermittelt werden. Die Überlieferung, daß die noch vorhandenen Stücke vom Altare 
der Bonifatius-(Muttergottes)kapelle ftammen, geht auf Fr. Schneider zurück. 
KunftgefChichtlich ift der Untergang diefes und mit ihm faft aller übrigen, vor- 
wiegend aus Holz hergeftellten Altäre der 50er bis 70er Jahre des 17. Jahrhunderts 
lebhaft zu bedauern. Den allmählichen Übergang der Spätrenaiffanceformen in die 
des Barocks müffen fie einft in eng gefchloffener Reihe gut veranfthaulicht haben. 
Von naheftehenden Mainzer Profanbauten fei auf die aus den Jahren 1657 bis 1664 
ftammenden beiden Portale an den Seitenflügeln des Haufes zum Römifchen Kaifer 
(Liebfrauenplag 3/5) hingewiefen. 
Auch kulturgefchichtlich find gerade diefe Holzaltäre nicht ohne Belang. Wenige 
Jahre nach dem dreißigjährigen Krieg entftanden, fprechen fie einerfeits mit ihrem 
billigeren Material von der Not der Zeit, andererfeits allerdings zeigen fie auch, wie 
in verhältnismäßig Kurzer Zeit nach dem dreißigjährigen Kriege die künftlerifchen 
Beftrebungen, wenigftens beim geldkräftigeren Adel, in Mainz wieder einfetten. 
Jest ift die Kapelle der Muttergottes geweiht, und fo finden wir hier denn auch 
einen Marienaltar. Der Schrein famt Auffat und Flügeln ift neu (er ftammt aus dem 
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
  
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