212 Ausftattung, Altäre: Fürftenberger Altar
Der Altar befteht zum größeren Teile aus Marmor. Und zwar ift föhon das Fuß-
gefims Marmor, in der Mitte [Chwarz, außen rot. Am Unterbau ift das Rahmen- und
Pilafterwerk Tuff, die Infchrifttafel aus [‘hwarzem Marmor, die Reliefs aus Alabafter.
Der weitere Aufbau zeigt faft nur Marmor, und zwar föhwarzen und roten wechfelnd.
Nicht aus Marmor, vielmehr aus Tuff, find nur die Nifchen der Seitenflügel mit ihren be-
gleitenden Pilaftern, den befonderen Sockeln und Konfolen und den dick überfchmierten
Figuren, fowie die Sockel der äußeren kleineren Säulen. Alles andere, auch das
abfCchließende Gebälk, ift aus Marmor, das Hauptrelief, die Bafen und die Kapitelle
der Säulen aus Alabafter. Oben endlich find aus Marmor noch die Gefimfe, das Kreuz
Chrifti und die beiden Stuggiebel ganz oben; aus Alabafter die Wappenkartufche,
das Relief mit Gott Vater, Maria und Johannes und der auferftandene Chriftus; aus
Tuff dagegen die fonftige Architektur der Auffäge nebft den Adlern und den Roll-
werkwangen, endlich die beiden Giebel mit den lagernden Tugenden.
Der Altar wurde 1794 fehr befchädigt.!) 1828 ließ ihn Franz Egon von Fürftenberg
„vortrefflich wieder herftellen“. Offenbar wurden damals die Tuffteile, auch die Figuren,
neu bemalt. In den Alabafterreliefs find nur einzelne Gewänder gemalt, fonft hat
man fich hier darauf befchränkt, Gewandfäume und einzelne Kleinigkeiten zu ver-
golden. Die LandfChaften [ind getönt.
Ergänzt ift im Hauptrelief nichts Wefentliches. Dagegen find der Kopf der Katharina
rechts und der des Chriftkinds links einigermaßen verdächtig : möglich ift aber immer-
hin, daß nur die fchreckliche Bemalung den Eindruck fo unficher macht. Von den
kleineren Reliefs unten ift die Predigt Johannis des Täufers links in der Hauptfache un-
verfehrt; in der Enthauptung rechts ift der linke Unterarm des Henkers und der
rechte Unterarm des Soldaten ganz links aus Gips. Weiter oben konnte ich Ergän-
zungen nicht ficher feftftellen. Wahrfcheinlich find die beiden lagernden Tugenden zu
großen Teilen aus Gips.
Prüft man den Zufammenhang und die Zufammengehörigkeit der Teile, fo er-
wecken zunächft die Figuren der Maria und des Johannes oben am Auffat Bedenken:
weder im Maßjftab (fie erfCheinen zu klein!), noch im Stil wollen fie recht zum Ganzen
paffen. Es find offenbar fehr tüchtige Arbeiten eines eigenartig breiten, aber nordifchen
Stils, charaktervoll und voll Empfindung, von dem ganz klaffifchen Wefen des Altares
durchaus verfchieden. Sie find vielleicht erft 1828 an ihre heutige Stelle gekommen
und zeigen wieder, wie viel und wie wertvolles uns verloren ift: ich kann nur die
Figur eines hl. Andreas nennen (im Kreuzgang unter Nr. 11), die eine gewiffe Ver-
wandtfchaft mit unferen Werken hat. Die Rollwerkwangen an dem Auffag neben
diefen Figuren find zwar fehr eigenartig, f&heinen aber doch dahin zu gehören. Da-
gegen find die beiden Pilafter, die unten die Schrifttafel rahmen, nicht in Ordnung:
mindeftens fehlen ihnen die Kopfftücke.
Alles übrige [Cheint zufammen zu paffen und zufammen zu gehören. Und wie hier
die Architektur ftärker [pricht als an den anderen bisher betrachteten Altären, fo ift
auch die Plaftik hier klaffifcher, italienifcher als alles, was wir bisher kennengelernt
haben. Der Meifter des großen Reliefs der Taufe Chrifti verrät deutlich, daß er die
italienifChe Renaiffance, vorab die Kunft Michelangelos recht genau ftudiert hat. Die
Stellung des Chriftus in der Taufe, die figende Frau vorn links mit diefem Reichtum
an Richtungsgegenfäten im Körper machen dasdeutlich. Undder auferftandene Chriftus,
der den ganzen Altar krönt, ift fo offenbar abhängig von Michelangelos Chriftus in
Sta Maria sopra Minerva in Rom, daß es weiteren Zeugniffes nicht bedarf. Dabei hat
I) Wetter S. 121; Schaab II S. 63.