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226 Ausftattung: Chorgeftühl im Weftchor
(Kanzel und Altäre) oder in der Auguftinerkirche (Decke) entgegentreten; hier wirkte
der von Frankreich her beeinflußte feinere GefChmack.
Das Chorgeftühl läuft von Vierungspfeiler zu Vierungspfeiler im ovalen Bogen um
das ganze Innere des Weftchors (Abb. 84), In der Mitte der. Weftfeite befand fich der
jett verfchwundene erzbifchöfliche Sit, der von einem ftark ausladenden Baldachin
überdacht wird. Zu ihm führt von rechts und links her je eine Treppe mit durch-
brochenem Geländer, vor deffen vorderer Abwickelung je ein Poftament für einen
Leuchter angebracht ift. Die Leuchter felbft find jetzt verföhwunden. An der Vorder-
feite der Kniebank, die jest an der Stelle des ehemaligen erzbifthöflichen Sites [teht,
find die verfchlungenen Initialen J. L. C. (Bifchof Jofef Ludwig Colmar 1802 — 1818)
angebracht. Dahinter auf der Rückwand des Chorgeftühls in reicher, mit Stab und
Mitra verfehener Kartufche die Initialen J. F. C. (Johann Friedrich Carl von Oftein),
unter dem das Chorgeftühl beftellt und angefangen wurde. Vor die beiden weftlichen
Enden legte fich als Abfchluß je ein tabernakelartiger Anbau, von denen der nörd-
liche zur Aufnahme eines Muttergottesbildes, der andere als eigentlicher Tabernakel
diente (f. Schrohe S. 27f.). Mit diefen beiden Anbauten trug man, wie oben S. 222
[&hon bemerkt worden ift, einem älteren Zuftande Rechnung. Das am einen Vierungs-
pfeiler ftehende Sakramentshäuschen und das Gehäufe für das Muttergottesbild
gegenüber am anderen Vierungspfeiler verfchwanden damals; an ihre Stelle traten
die Abfchlüffe des neuen Geftühls, aber diefe erhielten die gleiche Beftimmung, und
man geftaltete fie zur Aufnahme des Venerabile und der Muttergottesfigur als vier-
eckige Gehäufe aus, die auf den drei offenen Seiten verglaft werden follten (vgl
Schrohe a. O. S. 22, 27 und 31). Das alte Muttergottesbild wurde jedoch bei diefer
Gelegenheit durch ein neues von 5!/, Schuh Höhe erfegt. An jedem der beiden
Tabernakel brachte man einen ffhwebenden Engelan, der eine Ampelhielt([. Tafel 44b).
Die Flügel des Geftühls enthalten je zwei amphitheatralifch
angeordnete Sitreihen, von denen die oberen Site für die
Domkapitulare, die vorderen für die Domizellare und Vikare
beftimmt waren. Die Rückwand wird durch flache Pilafter mit
Rokokokapitälen und hermenartige Karyatiden in einzelne Fel-
der geteilt, deren Füllungen feine, bald breitere, bald [{hmälere
Rocailleumrahmungen umfaffen. Aufden Feldern der Vorder-
wände der vorderen Kniebänke wechfeln in ziemlich flach ge-
haltener Schniterei: Mufikinftrumente, kirchliche Geräte, Abb.85. 1: 20
Profil des Gefimfes
Früchte- und Blumengehänge. Von den in der Mitte jedes
Flügels angebrachten Türen führt die nördliche zur Sakriftei,
die füdliche in das Querfchiff. Das fenkrecht und wagrecht in den lebhafteften
Kurven fich föhwingende, ftark ausladende Gefims (Abb. 85) wird jedesmal an den
Stellen, wo es am ftärkften nach oben ausbiegt, von hermenartigen Karyatiden ge-
tragen. Bei den zur Zeit der Aufftellung des Geftühls [&hon vorhandenen Grabdenk-
mälern der beiden Kurfürften Johann Philipp und Franz Lothar von Schönborn (Abb.86,
Nr. 56 und 57) fenkt fich das Gefimfe tiefer herab und umrahmt fo ihren oberen Teil,
fodaß fie in die Gefamtanlage des Geftühls miteinbezogen erfCheinen.!) In Wirklich-
vom Chorgeftühl
1) Bei der Aufftellung eines Probechorgeftühls (1760) erkannte Hermann, daß ihm die Schön-
bornfchen Epitaphien im Wege feien; er läßt deshalb um Erhöhung deı bezeichneten Denk
mäler nachfuchen. Es follen auch in diefer Sache mit der Familie von Schönborn Verhand
lungen geführt werden (f. Schrohe a. O. S. 21). Über das Ergebnis diefer Verhandlungen
verlautet in den Domkapitelsprotokollen weiter nichts