Full text: Der Dom zu Mainz (B, [2], Band 2, Teil 1)

   
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Denkmäler: Erzbifchof Diether von Ifenburg 253 
Falten, die drei einander folgenden Wellen der Kafula, die feitlichen Gehänge) kehren 
hier wieder (nach 50 Jahren!), nur ins Eckige umgebrochen. Ein Beweis, daß das 
Denkmal Konrads III in der Tat einen Höhepunkt bedeuten muß, das des Erzbifchofs 
Diether dem Anfang einer neuen Entwickelung nicht fehr fernftehen kann. 
Endlich der Kopf: es ift deutlich, daß er an individuellem Leben gewonnen hat. 
Der Künftler ift bemüht, in der genauen Wiedergabe von Falten und Runzeln der 
Natur möglichft nahezukommen. Auch das Haar ift lockerer, freier behandelt, die 
Augenlider find richtiger. Man beachte auch die Hände: wie die dünnen Falten der 
HandfChuhe [ich über das Fleifch legen, wie fein hier auch der Organismus der Hände 
im Greifen fich aus[pricht. Börger hat (S. 39 ff.) die Entwickelung vom weichen zum 
eckigen Stil auseinandergefegt. Wir überfehen das Werden des Neuen noch nicht voll- 
kommen. Das Ergebnis liegt hier fehr klar zutage. 
Ich faffe zufammen: das Denkmal ift das erfte, das den neuen, etwa feit 1460 zur 
Herrfthaft kommenden Stil zeigt, den wir gewohnt find auf einen zweiten Einbruch 
niederländifcher Kunft in Deutfchland zurückzuführen. Mehr Rückficht auf den orga- 
nifhen Zufammenhang der körperlichen Gebilde, erhöhte (Glieder-)Beweglichkeit 
zeichnen ihn aus. In der Ausführung ift das Zergliedern, das Addieren peinlich genau 
beobachteter Einzelheiten bezeichnend. Das eckige, fCharfbrüchige, lineare Wefen 
ift die Ausdrucksform. Das alles aber ordnet fich hier einem unverkennbaren Zuwachs 
an plaftifchem Gehalt unter: die künftlerifche Vorftellung ift nicht mehr in erfter Linie 
ein Bild in der Fläche, fie geftaltet vielmehr eine Perfönlichkeit, die uns aus einem 
Rahmen heraus entgegentritt. 
Hervorzuheben ift noch: die Seitenfiguren f&heinen mir von derfelben Hand, die 
die Geftalt des Erzbifchofs gefchaffen hat: man vergleiche nur die Köpfe der beiden 
heiligen Bifthöfe links. Die Gewandung der beiden weiblichen Nebenfiguren ergänzt 
[ehr willkommen das Stilbild, das uns die priefterlichen Gewänder bieten. 
Auch die Behandlung der gotifChen Dekoration zeigt den Abftand von dem Denk- 
mal Johanns von Naffau. Von den Baldachinformen war f&hon die Rede. Man ver- 
gleiche aber auch das fühmale, feine, ftark ausgehöhlte Laub an den Konfolen der 
beiden unteren Seitenfiguren, weiter wie fich die Rundftäbe, die die Figurennifchen 
Hlankieren, paarweife nach vorn fChwingen, um fich dann in aufwärtsgerichteten Kiel- 
bogen zu vereinigen und fo die Baldachine aufzunehmen, weiter die rechtwinklige 
Durchdringung der Rundftäbe im Rahmenprofil oben. 
Überrafchenderweife hält Dehio!) dafür, daß das Denkmal erft geraume Zeit nach 
dem Tod des Erzbifthofs (1482) gearbeitet worden fei. Ich kann dem nicht zuftimmen. 
Die ängftliche Genauigkeit, mit der das Geficht modelliert ift, und die Gewandung 
(f. oben) fcheinen mir zu verbieten, das Denkmal über das des Adminiftrators Adal- 
bert herabzurücken. Diefes aber fCheint ebenfalls nicht lange nach dem Tod des Fürften 
(1484) entftanden zu fein. Diefe Auffaffung wird geftügt durch eine Beobachtung Bör- 
gers, der (S. 54 Anm. 2) in dem Denkmal des Bifthofs Philipp von Henneberg in 
Bamberg (+ 1487) eine zweite [pätere Arbeit unferes Meifters fieht. Wenn er recht 
hat, fo haben wir damit ein feftes Datum: das Bamberger Werk ift laut Vertrag des 
Mainzer Erzbifthofs Berthold von Henneberg mit dem Stift Bamberg 1489 oder im 
nächften Jahre gefchaffen. Da das Denkmal des Erzbifchofs Diether älter fein muß, 
[o kommen wir damit fpäteftens in den Anfang der zweiten Hälfte der achtziger Jahre. 
Ich fehe aber keinen Grund, weit über 1482 herabzugehen. 
‘) Der Meifter des Gemmingendenkmals im Dom zu Mainz. Jahrbuch der Kgl. Pr. Kunft- 
[ammlungen 30. 1909. S. 151. 
  
    
   
   
   
   
   
   
     
  
   
  
  
   
    
  
   
  
   
   
   
  
    
   
  
  
   
  
   
    
  
  
   
   
  
  
  
   
   
  
  
   
  
  
  
   
   
  
  
     
  
  
   
  
 
	        
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