Stil
278 Denkmäler: Kurfürft Daniel Brendel von Homburg
FAMILIA BRENDEL AB HOMBERG AN-/NOM.D:-L.V. AETATIS SVAE XXXII- ELEC-
TVS EC-| CLESIAM ANNIS XXVII OPTIME PACIFICEQVE REXIT| HAVD PAVCIS
EMOLVMENTIS AVXIT ATQVE AMPLI-/FICAVIT IVSTITIAM COLVIT RELIGIONEM
PROMOVIT/CARVS OMNIBVS EXTITIT DVOS IMPERATORES MAXI-/MILIANVM II. ET
RVDOLPHVM II: CORONAVIT / INCVLPATE VIXIT SACRAMENTIS CATHOLICE PER-
CEP-/TIS PIE PLACIDEQVE QVIEVIT DESIDERIVM SVI/ LVCTVMQVE CVNCTIS RELI-
QVIT OBIIT ASCHAFFEN-/BVRGI ANNO M: D. LXXXII- XXII: MARTII C-A-R:I-P-
SVCCESSOR PRAEDECESSORI BENE MERENTI POSVIT.
Der Sieg der Architektur ift auch hier deutlich. Da haben wir endlich das vollkommene
Schema der Verbindung eines Bogens mit dem Säulen-Gebälk-Bau; ein Bogen auf
Pilaftern, denen Säulen vortreten; diefe reichen ihrerfeits bis über den Scheitel des
Bogens und tragen über ihm ein wirkliches Gebälk. Die Erinnerung an den antiken
Triumphbogen wird durch die Zwickelfiguren mit Füllhörnern noch vollftändiger.
Die Klarheit der Architektur wird nur fofort wieder durch die Wappen getrübt, die
an den Säulen (am Sockel wie am Schaft) aufgehängt und dem Gebälk angeheftet find.
Oben trägt ein Tabernakel das Hauptwappen, und an den flachen Pilaftern daneben
befinden fich vier weitere Wappen. Alle diefe Wappen zufammen bilden zwei Reihen,
die jedesmal oben beginnen. Von den vier Wappen am Fries des Hauptgebälks ge-
hören je zwei zu jeder Reihe, und zwar ift jedesmal das innere das dritte der ganzen
Reihe, das äußere das vierte; das fünfte ift dann beiderfeits das oberfte an der Säule.
Ich zähle darnach die Wappen in diefer Folge von oben nach unten auf: links (vom
Befchauer) Brendelvon Homburg, Kalb von Reinheim, Kreis von Lindenfels,Venningen,
von Laftenberg,!) Löwenftein (Pfalz), Wolf von Sponheim, Horneck von Hornberg;
rechts Riedefel von Bellersheim, Karben, Klemm von Hohenberg, Rüd von Collen-
berg, Trohe, Bellersheim, Schönborn, Vogt von Rieneck. Das Hauptwappen oben ift
von Mainz und Brendel von Homburg geviert. Die Helme zeigen das Bild von Mainz,
Brendel von Homburg und die Inful (diefe in der Mitte, wie üblich).
Zu den Seiten des Tabernakels ftehen Tugenden, links eine Geftalt mit einem
Zweig (?), rechts die Gerechtigkeit. Im Giebel erfCheint Gott Vater, und auf den Giebel-
[Chrägen thronen Frauen, die Fackeln in den Händen halten. Ganz oben endlich der
Auferftandene, der den rechten Fuß auf einen Totenkopf fett, indeffen zu feinen
Füßen ein Ungetüm, igelartig mit Schweinsfthnauze — offenbar der Teufel —, kauert.
Ornament ift [ehr [parfam angewandt, die Wappen erfeten es. Unten an der In-
fchrifttafel finden fich zwei Gehänge aus Akanthusblattbündeln mit Früchten, recht
phantafielos. Ähnlich ftereotypes Blattwerk fist auch fonft am Sockel. Das ift alles.
Diefe Enthaltfamkeit gegenüber dem Ornament, die Vorherrfihaft der Architektur
kennzeichnet die „klaffifche“ Art des Denkmals. Die Figuren beftätigen das. Hier
finden wir ja jenen Stil wieder, der uns zuerft am Naffauer Altar in den Gruppen
einer Kreuzfichleppung begegnet war (f. oben S. 182 ff.). Ich trage kein Bedenken,
zunächft die dekorativen Figuren, vorab die Tugenden oben, derfelben Werkftatt, ja
derfelben Hand zuzufchreiben. Die regelmäßigen, vollen, klaffifchen Köpfe mit dem
kurzen Haar, das reich in langen und etwas langweiligen Zügen gefaltete Gewand mit
den charakteriftifchen, auch nicht fehr phantafievollen Stauungen unten um die Füße
find beweifend. Aber auch die Hauptfigur ift desfelben Stils. Freilich nicht zu ihrem
Vorteil. Der Kopf, das Porträt Daniels allerdings ift noch gut und charakteriftifch.
In der ganzen Haltung der Figur aber und befonders im Gewand zeigt fich, daß diefe
Kunft, die den kleineren dekorativen Geftalten noch allenfalls gewachfen war, im
großen Maßftab kläglich verfagt. Wie blechern und unlebendig ift diefe Kafula! Wie
') Laut Heff. Archiv IV, Heft 2, Abhandlung VII S. 20.