Full text: Der Dom zu Mainz (B, [2], Band 2, Teil 1)

Stil 
Kurfürft 
Wolfgang 
von Dalberg: 
Grabplatte 
      
   
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
   
   
   
   
    
   
  
286 Denkmäler: Kurfürft Wolfgang von Dalberg 
mittels maskengefchmückter Halbgiebel aus zierlichen Rollwerkelementen an das Ge- 
häus wieder angefchloffen. An den Giebeln [pielen nackte Putten mit allerlei Getier. 
Auf dem Hauptgebälk ruht in der Mitte eine rechteckig umrahmte Lünette mit dem 
großen Wappen Georgs von Schönenburg als Bifchof von Worms, das zwei Engel halten. 
Der Schild ift geviert von Worms und Schönenburg. Von den drei Helmen trägt der 
erfte auf einem Kiffen ein fechseckiges Schirmbrett, worin das Wormfer Wappenbild, 
der mittlere die Inful und der dritte die Zier der Schönenburg. Zu beiden Seiten der 
Lünette je ein Reiter, St. Martin, den Mantel teilend, und St. Georg im Drachen- 
kampf. Endlich ganz oben gefchweifte Giebelfegmente zu den Seiten eines Pofta- 
ments, das in einer Kartufche den fegnenden Gott Vater zeigt. Auf den Giebeln und 
vor dem Poftament drei Tugenden, Glaube (links), Liebe (rechts), Hoffnung (vorn); 
und über dem Ganzen die Taube. 
Die Dekoration weift Elemente auf, die uns bekannt find, den reichen Akanthus mit 
Blüten; flaches Befchlagwerk ; Rollwerk mit Spangen, in denen Figuren ftecken; Frucht- 
bündel an Tüchern oder Bändern, die Bänder zierlich gewellt oder gekräufelt; auf- 
gehängte Trophäen (hier ein Totenkopf und Gebeine): aufgereihte runde Scheiben: 
Masken mit jonifchen Kapitellen auf Tüchern; Löwenklauen: es ift unter alle dem 
kein einziges Element, das nicht entweder fthon an dem Denkmal des Kurfürften 
Sebaftian oder dann an dem Gabeleng-Epitaph aufträte. Neu ift aber das deutliche 
Bemühen, die ganze Dekoration ebenfo vielteilig — reich wie leicht, fein und zierlich 
zu halten. Darin berührt fich unfer Denkmal mit dem des Domherrn Wolfgang von 
Heufenftamm, dem es alfo nicht nur im Typus nahefteht. Die Verwandtfchaft geht 
aber noch über die Dekoration hinaus. Wie dort das Hauptrelief, fo zeigt hier die 
Füllung des Bogenfeldes mit der Wappenkartufche durchaus den „feinen“ Stil. Und 
ebenfo find die volleren klaffifcheren Tugenden unferes Denkmals (immer abgefehen 
von dem Gipskopf der mittleren unter ihnen) den Tugenden des Heufenftamm-Epitaphs 
verwandt: fie nähern fich den Geftalten des feinen Stils, find aber altertümlicher. 
Dasfelbe Verhältnis zum feinen Stil offenbaren die Apoftelgeftalten oben: der Paulus 
ift ein derberer Vorläufer des Paulus am Baffenheimer Altar. Erinnerungen an die 
Altäre des feinen Stils weckt auch das Hauptrelief, das große Pfingftfeft. Die Gewand- 
behandlung mit den malerifchen Schürzungen kehrt — freilich ausgefprochener — an 
den Figuren des Naffauer Altars wieder; aber auch die „Zellenbildung“, die wir an 
der Gewanddarftellung im Hauptrelief des Baffenheimer Altars bezeichnend fanden 
(f. oben S. 197), hat hier ihre Parallelen. Damit wäre die Stellung unferes großen 
Werks annähernd beftimmt: das Schönenburg-Denkmal ift ein Vorläufer des feinen 
Stils, der an einzelnen Teilen (Bogenfüllung) fthon ganz rein zutage tritt. Alles 
Dekorative ift fehr tüchtig. 
Die Bildnisfigur ift erft recht eine ganz vortreffliche Arbeit. Dagegen find die 
kleineren Reliefs unten handwerklich-gleichgültig, die übel zugerichtete Kreuz- 
[&hleppung in der Mitte übrigens deutlich anderer Art als die beiden feitlichen Stücke: 
fie kennzeichnet fich alfo auch [o als Eindringling. 
Nr. 32. Kurfürft Wolfgang von Dalberg + 1601. NA. Grabplatte. Tafel 52c. 
Serarius S.968. Joannis I S.898. Bourdon S.7 und 77. Gudenus II S. 830 f, 
Sein Grab fand Kurfürft Wolfgang im Weftchor neben Kurfürft Albrecht (vgl. den 
Grundriß des Gudenus S, 4 beim Buchftaben S). Das Grab wurde 1729, als man 
den Kurfürften Lothar Franz beifetzte, angefthnitten: Bourdon (S. 77) befthreibt genau 
den Sarg und den Toten darin, wie er jie als Augenzeuge fah. Später wurde der 
Grabftein erhoben (f. oben S. 266) und an [feiner heutigen Stelle aufgeftellt. 
  
	        
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