Stil
320 Denkmäler: Kurfürft Johann Friedrich Karl von Oftein
Auch hier erhebt fich das eigentliche Denkmal in einem zeltartigen Aufbau, deffen
vordere Bahnen geflügelte Putten zurückziehen. Den Unterbau bildet ein aus der
Wand vorfpringender, zweiteiliger Sockel, den auf den Seiten übereck geftellte, lang-
geftreckte, volutenartig gebildete Konfolen einfaffen; von ihnen trägt jede an ihrer
Stirnfeite in einer Rokokokartufche einen Bibelfpruch. Vor der Unterkante der Sockel-
platte hängt über der Sockelfläche das nach den Seiten in Knoten geraffte Tuch mit
der Infchrift; ein geflügelter Chronoskopf dient in der Mitte als Halter. An dem jest
leeren unteren Gliede des Sockels fieht man drei verkittete Dübellöcher, die darauf
hindeuten, daß hier einft noch eine Verzierung angebracht war. Die ältere Litho-
graphie der Abbildungen der Denkmäler des Doms zu Mainz (Taf. II) zeigt auch an
diefer Stelle einen geflügelten Totenkopf; ein Reft davon (aus weißem Marmor) liegt
jet im Obergefthoß des öftlichen Kreuzgangflügels. Auf der lebhaft gefähwungenen
Sockelplatte kniet auf einem Felfen der Verftorbene in der Chortracht (daß in dem
Knieen auf einem Felfen eine freilich gefuchte Anfpielung auf den Namen O-ftein fteckt,
ift gar nicht ausgefchloffen). Die Rechte legt er auf die Bruft, mit der Linken hält er
das Brevier. Neben ihm fteht eine weibliche Geftalt, von Schunk und Werner als die
Religion (Glaube) gedeutet. Mit dem linken Arme hält fie hinter dem Knieenden ein
mächtiges Kreuz, mit der Rechten reicht fie ihm den Speifekelch. Ein in Einzelheiten
von der Ausführung abweichender Entwurf zu diefer Gruppe, eine leicht getufChte,
forgfältig durchgeführte Federzeichnung, befindet fich im von Ritterfihen Familien-
archive zu Kiedrich, ein Umftand, der darauf fchließen läßt, daß von Ritter in irgend-
einer Weife an der Errichtung des Denkmals beteiligt war. Links von der Gruppe
ruhen auf einem Kiffen zwei Mitren, die eine vom Pallium umfihlungen (Erzbistum
Mainz), die andere ohne dies (Bistum Worms), rechts ebenfalls auf einem Kiffen
der Kurhut.
Hinter der Gruppe erhebt fich vor der Hinterwand des Zeltes auf einem breiten
Sockel ein pfeilerartiger Aufbau. Deffen Bekrönung bildet der Wappenfthild Mainz
und Worms geviert mit dem Herzfthild Oftein; er wird gehalten von einem feitlich
auf dem Pfeilerkapitäl figenden, weinenden Putto. Über der Zeltkuppel fthwebt auf
Wolken die Jungfrau Maria mit dem Sternenkranz in der rechten Hand.
Rechts und links hängen auf dem Rande des Zelttuches, wieder auf ein Band
gereiht, die Ahnenfchilde, heraldifch rechts: 1) von Oftein, 2) von Dalberg, 3) von
Cronberg, 4) Brendel von Homburg; links: I) von Schönborn, 2) von Boineburg,
3) Schüt von Holzhaufen, 4) von Dorfelden. Auch hier zeigen die Ahnenwappen die
fchon oben bei Nr. 55 hervorgehobene Einfeitigkeit der Darftellung nach der weib-
lichen Linie der zwei Elternftämme.
Als Material ift verwendet für den Sockel mit Platte und den pfeilerartigen Auf-
bau ein rötlicher Marmor von derfelben Art wie der am Grabmale Philipp Karls von
El&, für alles Figürliche, die Wappen und das Infhrifttuch weißer Marmor, für die
Draperien f&hwarzer Marmor.
Ergänzt find an dem Denkmal, foweit fich feftftellen ließ, nur kleine Stücke der feit-
lich am Sockel angebrachten Rocaille-Verzierungen. Verkittete Dübellöcher deuten
darauf hin, daß einige von ihnen jetzt ganz befeitigt find.
Auf einem Felsftücke unter dem Kiffen, worauf der Kurfürft kniet, fteht die Künftler-
inföhrift: HENRICUS JUNG, BILDHAUER 1764 (über Jung f. Schrohe, Auff. und
Nachw. S. 90).
Neue künftleriföhe Gedanken bietet das Denkmal in feinem Aufbau keine. In den
Grundgedanken ift eine Anlehnung an das Denkmal des Kurfürften Philipp Karl