336 Verfchwundene Denkmäler und Kunjtwerke
herr Joannes Ho&mans Domfic)ellanus, der H. Schriefft Doctor und Canonicus zu
U. L. Frawen alhier, 20 johr gewefener beichtvatter deß Clofters; legirt bey 300
gulden (Mainz, Standesamt).!) Damit ift die gleiche Herkunft der beiden Tafeln aus
dem St. Agnefenklofter und der gleiche Anlaß für ihre Entftehung fichergeftellt.
Erhalten find die Bilder im ganzen gut. Die Malerei ift mäßig. Überrafchen kann,
wie ftark noch im Stil die Erinnerungen an die große Zeit der deutföhen Malerei find.
Man wird die italienifchen Elemente in diefer Kunft (die venetianifchen Architekturen
des Ecce Homo-Bildes und anderes) nicht überfehen: die Grundlage des Stils ift troß-
dem nicht weniger deutfch, als etwa bei einem Bartel Beham. Die Typen vor allem
find nicht italienif&h. Nicht unintereffant ift das Kolorit. Im Ecce Homo herrfchen
ftarkes Rot und Gelb vor, daneben finden fich tiefes Grün, Blaugrün und Schiller-
farben (Rofa-Grün). Die Rückfeite bekommt ihre Haltung von der Stahlfarbe des
Harnifchs und dem roten Mantel des Heiligen. Alles übrige ift in ganz helle Töne
gekleidet: Hellblau in verfihiedenen Stufen, Hellorange, helle Schillerfarben (z. B.
Himmelblau-Violett). Ähnlich ift die andere Tafel gehalten.
St. Sebaftian. K I. Grundriß S. 230: r.
Ölgemälde auf Leinwand, 2 m hoch und 1,18 m breit, in fChwerem profilierten
[chwarzen Holzrahmen. Das Bild hängt hoch oben an der Weftwand der Viktorkapelle
über dem Rokokogeftühl. Der Heilige ift auf einen Felsblock hingefunken, vor ihm
fteht ein Engel, der ihm die Pfeile aus den Wunden zieht, im Hintergrund Baum-
[chlag. Die Blöße des Märtyrers deckt ein weißes Lendentuch. Der Engel ift bekleidet
ebenfalls mit weißem Lendentuch und rotem Mantel; von feinen langen Flügeln ift
der rechte unter dem Arme durch nach vorn gezogen. Im Figürlichen und in der
Farbe, befonders den Fleifchtönen, zeigt das Bild ftarken flämifChen Einfluß (van Dyck),
es dürfte gegen Ende des 17. Jahrhunderts gemalt fein. Die Farben find fehr ftark
eingefunken, das Ganze iftin feiner breiten Ausführung keine hervorragende Leiftung.
Die Rückfeite des Bildes konnte nicht unterfucht werden. Über feine Herkunft ift
nichts Näheres bekannt; ficherlich hängt es an der jetigen Stelle nicht an feinem ur-
[prünglichen Plate.
VERSCHWUNDENE DENKMÄLER UND KUNSTWERKE
So großartig die Reihe der Denkmäler und Kunftwerke ift, die der Dom noch birgt:
diefe Schäge find doch nur ein Bruchteil deffen, was einft vorhanden war. Dabei ift es
weniger der Wandel des Gefthmacks, das Altern und Unanfehnlichwerden einzelner
Werke, das Verlangen, ältere Ausftattungsftücke durch neue zu erfeten, der Wunf&h
der Spätgeborenen, auch ihrerfeits durch Stiftungen fich ein gutes Andenken zu fichern,
kurz die felbftverftändliche allmähliche Erneuerung der Ausftattung gewefen, was den
älteren und älteften Stücken verhängnisvoll wurde: der Dom hat einige befonders
fehwere Kataftrophen durchgemacht, fie vor allem haben feinen Befitz gelichtet.
Einige diefer Verlufte wurden bereits erwähnt, die Zerftörung der Lettner mit ihren
köftlichen Bildwerken (S. 147 ff.), der Untergang fämtlicher Wand- und Glasmalereien
(S. 165 ff.), die Plünderung einzelner Altäre in der Schwedenzeit (S. 186), der Abbruch
von nicht weniger als 14 weiteren Altären, die fich noch bis zum Ende des 18. Jahr-
hunderts erhalten hatten, die Befeitigung des Sakramentshäuschens und feines Gegen-
übers (S. 222, 226), einer reichen Kanzel (S. 219), der Orgeln, Leuchter, Teppiche ufw.
Es find befonders die jüngeren Dombefthreibungen, vor allem Bourdon, die uns die
1) Auch diefen Nachweis verdanke ich Herrn Profe[for Dr. Schrohe, dem auch an diefer
Stelle dafür ausdrücklich gedankt fei.