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1875. 3. 1.
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Sakriftei, Domfchag: Schickfale 353
Nun folgt die glänzende Zeit des Erzbifchofs und Kardinals Albrecht von Branden-
burg. Im Jahre 1540 kam das unerhörte „Hallefche Heiligtum“ nach Mainz und wurde
zum allergrößten Teil dem Mainzer Domfchat einverleibt. Die Menge der Koft-
barkeiten war fo groß, daß die eben erft erweiterte Sakriftei, wie wir gefehen
haben, von neuem beträchtlich erweitert werden mußte und ein neues feftes Gemach
erhielt. Wiederum unterrichten uns Inventare über den Beftand.!) Und diesmal bleiben
die Berichte nicht toter Buchftabe: Kardinal Albrecht lief feine Schäge abbilden, und
diefe Abbildungen find uns in den Miniaturen eines Afthaffenburger Kodex erhalten.?)
Hat diefer erlauchte Brandenburger fo aufßerordentliches für die Mehrung des
Mainzer Schates getan, fo follte diefem ein anderer Brandenburger gefährlich wer-
den.”) Zu einer eigentlichen Plünderung des Schages durch die Scharen des Mark-
grafen Albrecht Alcibiades (1552) fheintes zwar nicht gekommen zu fein, aber das eine
und andere Stück von der Ausftattung des Domes ift damals gewiß entführt oder unter
dem Druck der Zeit veräußert worden. Verhängnisvoller wurde die Schwedenzeit.*)
Und wenn auch die Tatfache, daß nachweisbar 1716, 1727 und 1792 zahlreiche alber-
tinifChe Stücke noch vorhanden waren, ficher ftellt, daß gewiß das Allermeifte vor den
Schweden gerettet werden konnte,5) fo läßt doch wohl andererfeits das oben fchon
erwähnte Auftauchen einzelner Werke des Hallefchen Heiligtums in Stockholm kei-
nen anderen Schluß zu als diefen: ohne Verluft überdauerte der Schat die Schweden-
not nicht. Aber wirklich ausgeplündert war der Schatz keineswegs. Zum Jahre 1722
haben wir das Zeugnis des Joannis (1S.93) und 1727 braucht Bourdon (f. oben S. 169),
der fich doch vor allem an die Wappen und Infchriften hält und keineswegs alles Stück
für Stück verzeichnet, zur Schilderung des Schages der Sakriftei feiner Zeit immer-
hin 15 Seiten (S. 265 ff.).
So war alfo die Mainzer Kirche noch immer und immer wieder wohl verfehen, als
die letzte Schreckenszeit anbrach. Das jammervolle unrühmliche Ende hat neuerdings
A.L. Veit zuverläffig und anfthaulich erzählt.‘) Der Schat wurde 1792 über A[Cchaffen-
burg nach Prag geflüchtet, dort verpfändet, 1803 um 59000 Gulden ausgelöft, in
12 Truhen nach Regensburg gebracht und dort — zum allergrößten Teil verkauft.
') Handfchriften der Seminarbibliothek in Mainz und im einftigen Befig Schneiders ver-
zeichnen die nach Mainz gekommenen Stücke. Vgl. Anzeiger des German. Nat.-Mufeums II.
1887. S. 123 und IV. 1889. S. 128ff. Ferner P. Redlich, Kardinal Albrecht. Mainz 1900.
S.183* ff, 212* ff,
?) Jof. Merkel, Der Mainzer Domfchag. In treuen Abbildungen nach einem in der Kgl.
3ayr. Hofbibliothek zu Afchaffenburg befindlichen Miniaturwerke aus dem 16. Jahrhundert.
Afchaffenburg 1848. 6 Seiten mit 17 Tafeln (davon Il in Farben), gr. Fol. (es follten 110 Tafeln
werden). Gabr. v. Terey, Kardinal Albrecht und das Hallefche Heiligtumsbuch von 1520.
Straßburg 1892. Friedr. Schneider, Wiedergewinnung von Miniaturen aus dem Afchaffenburger
Prachtkodex des Hallefchen Heiligtums. Hohenzollernjahrbuch I. 1897. S. 174 ff. Über Stücke
des Hallefchen Heiligtums in Stockholm handelt Schnütgen in der Zeitfchrift f. chriftl.
Kunft XI. 1898. Sp. 65. 109. Vgl. auch Sp. 149. Auch die Akten der Mainzer Geheimen Kanzlei
(jest in Würzburg Nr. 191) verfprechen noch eine Ausbeute. Allerlei Notizen endlich im Nach-
laß Schneiders (in der Stadtbibliothek zu Mainz, Fasz. III, 4 und VII, 5; auch 78).
°») Zur weiteren Gefchichte des Schates vgl. P. Redlich, Kardinal Albrecht. S. 354 ff. Ferner
Wetter, Gefchichte und Befchreibung des Domes zu Mainz. S. 160f. Auch die Domkapitels-
protokolle in Würzburg find zu vergleichen.
*) Was Bodmann in feinen Rheingauifchen Altertümern (1819) S. 212 erzählt, bezieht fich
auf den Schatz der Jefuiten. Vgl. dagegen Schnütgen a. a. O. (f. oben Anm. 2).
°) Der Schat wurde wiederholt fortgebracht, [o 1639 nach Koblenz ufw. Vgl. die Domkapitels-
protokolle zu diefen Jahren in Würzburg, Bd. 29—32.
°) Etwas über den Mainzer Domfchat. Feierftunde (Beilage zum Mainzer Journal) 10. Jahrg.
Nr. 133. 134 vom 10. und 11. Juni 1912.