354 Sakriftei, Domfchag: Kreuze
Eine kleine Anzahl von Stücken wurde nach Afthaffenburg dem Mainzer Domkapitel
zurückgegeben. Von diefen haben fich einige in der Schloßkapelle dort erhalten.!)
Nach Mainz fcheint nichts zurückgekehrt zu fein.
Was der Dom heute befit, iftausnahmslos erft im 19. Jahrhundert erworben worden.
Dabei ift nicht ausgefthloffen, daß das eine oder andere Stück, das um 1800 dem Dom
entfremdet in Privatbefi gekommen war, nur zurückkehrte. Einzelne Arbeiten ftam-
men nachweislich aus anderen Mainzer Kirchen und Klöftern. Wieder anderes kam
von außerhalb. Wir geben hier ein [ummarifches Verzeichnis der Stücke, foweit fie
uns zugänglich waren. Von den wichtigften Werken gibt es photographifche Auf-
nahmen, die aber der Verfügung des hohen Domkapitels vorbehalten bleiben.
1. Vortragekreuz. Heinrich Otte u. E. aus’m Weerth, Zur Ikonographie des
Kruzifixus. I. Vortragekreuz von vergoldeter Bronze mit gravierten Darftellungen aus
der Sakriftei des Domes zu Mainz. Bonner Jahrbücher XLIV—XLV. 1868. S. 195 #f.
nebft den Tafeln VIII und IX. Die fonftige ältere Literatur bei Kraus, Chriftl. In-
fehriften II S. 115 Nr. 245. Phot. Groß.
Das Kreuz mißt mit dem Stachel 42,5 cm. Es ijt aus Kupfer, vergoldet. Der
Chriftuskörper ift alt, aber nicht zugehörig;?) über die Art feiner Befeftigung fiehe
unten unter Nr. 4. Die Rahmenleiften nebft dem Perlftab find mit dem Kreuz
aus einem Stück (gegoffen). Das Kreuz enthielt al[o urfprünglich nur gravierte Dar-
ftellungen. Diefe find auch ikonographifch fehr intereffant. Es ent[prechen [ich die
Bilder der Vorder- und die der Rückfeite. Wir finden: in der Mitte der Rückfeite, in
viereckiger Umrahmung, die Opferung Ifaaks. Die Umfchrift lautet: CVI PATRIARCHA
SYVM. In der Mitte der Vorderfeite entfpricht diefem Bild (an Stelle eines corpus) das
Lamm Gottes in einem Rund; Umfthrift: PATER OFFERT IN CRVCE NATVM. Am
Kreuzende rechts (vom Befthauer) auf der Rückfeite Simfon, der die Torflügel der
Stadt Gaza trägt; Umfchrift: QVE PORTAS GAZE. Auf der Vorderfeite am Kreuzende
links: Chriftus im Limbus die Halbfigur links oben hinter Chriftus kann nur ein
Engel fein —; Umfchrift: VIS AVFERT CLAVSTRA IEHENNE. Am unteren Kreuzende,
hinten: Jonas vom Fifch ausgefpieen; Umfchrift: QVA REDIT ABSVMPTVS. Vorn: das
leere Grab, die Frauen und der Engel; Umfchrift: SYRGIT VIRTVTE SEPVLTVS. Am
oberen Kreuzende hinten: Himmelfahrt des Elias; Umfthrift: QVI LEVAT HELIAM.
Vorn: die Himmelfahrt Chrifti; Umföhrift: PROPRIAM SVBLIMAT VSIAM. Am linken
Kreuzende der Rückfeite: Mofes erhält die Gefetestafeln; Umfihrift: QVI MOYSI
LEGEM. Vorn (rechts): Ausgießung des Geiftes; Umföhrift: DAT ALVMNIS PNEVMATIS
IGNEM. Alfo Sätze und Bilder, die fich auf Chrifti Opfertod und Erlöfungswerk be-
ı\, Fr. Falk, Heiligtümer in der Schloßkapelle zu Afchaffenburg. Katholik 1880 II S. 191 ff.
Anderes befindet fich in der Reichen Kapelle in München.
Wenn auch diefe kurze Skizze der Gefchichte des Schages nach keiner Seite erfchöpfend fein
kann, wollte ich doch wenigftens mitteilen, was ich mir notiert hatte. Und fo mögen denn
[chließlich noch zwei ungedruckte und bisher noch nicht datierte Reliquien- und Schatverzeich-
niffe angeführt werden, die fich in den Gefchichtsblättern für die mittelrheinifchen Bistümer 1,83
(offenbar früh!) und bei Fr. Falk, Die Kunfttätigkeit in Mainz von Willigifens Zeit bis zum
Schluffe des M. A. Mainz 1869. Zum Jahre 1319 (vgl. ebenda zum Jahre 1350, 1363, 1417) er-
wähnt finden.
2) Ein Gipsabguß des Kreuzes, den das Mainzer Mufeum befitt, ift ohne Korpus, zeigt
aber Spuren der Befeftigung eines folchen. Eben[o kann man auf der Tafel VIII der oben
genannten Veröffentlichung fehen, daß das Kreuz noch 1868 kein Korpus trug, dagegen
deutlich Löcher, die nur von der Befeftigung eines Korpus herrühren können, aufweift.
Das Kreuz war alfo in [päteren Zeiten einmal mit einem Chriftuskörper ausgeftattet worden.
Diefer war aber wieder verloren gegangen.