370 Sakriftei, Domfchag: Handfchriften
genannten Vikar C. A. Wolf bezieht und nicht ohne befonderen Reiz ift. Alfo das
Buch gehörte 1621 dem Stift St. Viktor, als der Kanonikus Heinrich Thönen es neu
einbinden ließ. 1793 in den Kriegswirren brachte es der Vikar des Stifts St. Johannis
an fich und nun ftheint es beim Johannisftift geblieben zu fein, bis es an den Dom
kam. Vergleiche auch die folgende Nummer.
8. Lektionarium (Epiftolar). Perg. Fol. Um 1400. Gehörte zu dem unter
der vorigen Nummer befchriebenen Evangeliar, zeigt gleiche Schrift und Ausftattung
und ift überhaupt in jeder Beziehung deffen Gegenftück. Auch hier find von Blatt 10
an die Randleiften im Stil des beginnenden 17. Jahrhunderts übermalt.
Auch der Einband gleicht durchaus dem des Evangeliars, nur daß hier die Schau-
feite richtig dem Vorderdeckel gegeben ift, und daß an der Stelle der Kreuzigung die
recht gute, nahezu vollplaftifche Figur Johannis des Täufers fteht. Schließlich finden
fich noch kleine Abweichungen im Schmuck der Grundplatte. Zunächft legen fich hier
die Eckftücke und die Kartufchen der Seitenmitten einer durchlaufenden Rahmenleifte
innen an (was viel ordentlicher wirkt), und dann find noch vier weitere KartufChen den
freien Stellen des Grundes zu feiten der Figur aufgeheftet. Sie find annähernd qua-
dratifch, durchbrochen wie die anderen, und tragen in ihrer Mitte jedesmal einen Glas-
fluß. Die zuerft genannten Schmuckftücke find aus denfelben Formen gegoffen wie
die des Einbandes von Nr. 7, zeigen alfo auch diefelben Abweichungen unter [ich.
Aber auch die neu hinzugekommenen Kartufchen find nicht einheitlich: eine (die rechts
unten) hat eine andere Form als die drei andern. Die genaue Übereinftimmung der
Arbeit, die Verwendung derfelben Formen läßtgar keinen anderen Schluß zuals diefen:
wie die Handföhriften urfprünglich zufammengehörten, fo find auch die neuen Einbände
(und die Übermalung einzelner Teile des Innern) in derfelben Werkftatt hergeftellt
worden. Diefem Schluß fCheinen nun aber beftimmte Nachrichten zu widerfprechen.
Über die Herkunft erfahren wir auch hier einiges aus zwei Eintragungen. Blatt 1’
lefen wir: Hunc librum Epistolarum pro honore Dei et eloriosissimi Patroni 5. Jo-
hannis Baptistae in presentem splendidiorem formam redigi, lapidibus, auro argen-
toque illustrari et exornari sua impensa procuravit Johannes de Colonia illius
ecclesie Decanus et ad S. Mauritium Praepositus Reverendissimi Principis Electoris
Consiliarius Anno 1621. Dazu in gemalter Grotesk- und Rollwerkumrahmung /-D.C.
1-6-2-1- Ferner von anderer Hand: Hic Liber pertinet ad Ecclesiam Collegi 5. Jo-
hannis Baptiste. C. A. Wolf 1793. Und fehließlich finden fich auf dem legten Blatt
auch hier wieder Notizen über den Vikar C. A. Wolf. Aus alledem geht deutlich
hervor, daß diefer Band 1621, als er neu gebunden wurde, (nicht dem Stift St.Viktor
wie der andere, fondern) dem Johannisftift gehörte. Erft 1793 kam hier, beim Jo-
hannisftift, der andere Band dazu. Wie man [ich bei diefer Sachlage erklären [oll,
daß die beiden Bücher gleichwohl offenbar als Gegenftücke einander genau ent[prechend
1621 neu gebunden werden konnten, auf Kojten ganz verfchiedener Perfonen und
für zwei verfchiedene Kirchen, ift nicht ohne weiteres klar. Man muß ein Einver-
nehmen der Auftraggeber vorausfegen oder annehmen, daß die ausführende Werkftatt,
die zufälligdie beiden Aufträge gleichzeitig bekam, die beiden Bände gleich behandelte.
Endlich find noch fechs Chorbücher zu erwähnen, die aus dem Karmeliten-
klofter in den Befitz des Domes gelangt find. Vgl. Fr. H. Müller, Beiträge zur teutfChen
Kunft- und Gefchichts-Kunde I. 1832. S. 59 und Tafel 16 (die hier abgebildete Ver-
kündigung befand fich mit anderen gleichfalls herausgefthnittenen Stücken damals in
Privatbefiz. Vgl. Monatsblätter des Vereins der Freunde von Kunft und Litteratur
in Mainz. Nr. 11 vom September 1827: Es wurden in einer Sigung am 21. September