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Kapitelftube, Denkmäler: Wandteppiche 487
voneinander getrennte Teilftücke der einheitlichen Ausftattung eines Raumes. Sie
waren urfprünglich alle drei gleich, nämlich 2,90 m lang und etwa 66 cm hoch. Auch
hier ftehen vor tiefblauem Grunde Rankenbäume, die teils mit Blumen, teils nur mit
Blättern fehr verfchiedener Zeichnung ausgeftattet find. Vor und zwifchen ihnen be-
wegen fich die wilden Leute, Männer und Frauen, bis auf Geficht, Hände und Füße
dicht behaart. Im Einzelnen find die Figuren und Bäume in den drei Stücken ver-
[chieden verteilt, auch hier und da die Darftellung gekürzt. So beginnt das erfte Stück
links mit einem Paar hintereinander hereilender wilder Menfchen. Zwifchen ihnen
findet fich am Fuß eines Rankenbaums ein Wappen. Es folgt nach rechts die Jagd-
[zene: ein mit Spieß und Horn bewehrter wilder Jüngling treibt mit der Hilfe zahl-
reicher Hunde einen Hirfch vor fich her gegen ein zwifchen zwei Stämmen ausgefpanntes
Net. Ganz rechts macht den Befchluß wieder ein wildes Paar, Mann und Frau, ein-
ander zugekehrt. Auch hier findet fich zwifchen ihnen am Boden ein Wappen. Das
zweite Stück erfett die erfte und legte Menfchenfigur je durch eine blühende Staude,
läßt die Wappen und in der Jagdfzene das Net weg und verändert die Raumver-
teilung etwas. Das dritte Stück war offenbar dem erften fehr ähnlich; heute fehlt aber
die Mitte: der Hirfch und der größte Teil des Netes ift offenbar einmal fchwer be-
[&hädigt worden. Man nahm daher diefe Teile heraus und flickte den Teppich, fo gut
es ging, zufammen. So ift er nur noch 2,32 (ftatt 2,90) m lang. Die farbige Ausführung
ent[pricht der der vorher befprochenen Teppiche. Die Zeichnung ift etwas anders,
aber nicht [thlechter. Auch diefe Teppiche werden zwifchen 1450 und 1475 entftanden
fein. Die Wappen des erften Stückes zu deuten ift vorläufig noch nicht gelungen.
4. Teppich mit der heiligen Sippe. Kirchenfchmuck XII. 1868. Heft3 und 4
S. 64. Betty Kurth, Ein Erzeugnis mittelrheinifcher Bildwirkerkunft. Mar. Ztfehr. X.
1915. S. 87, insbefondere S. 88 ff. mit Abb. auf Tafel V. Phot. Kroft. Eine ältere,
etwas helle, aber fehr gute, große Photographie im Nachlaß Schneider in der Stadt-
bibliothek (unter Nr. 94), danach unfere Tafel 84.
Der Teppich ftammt aus dem Altmünfterklofter; er ift 4,06 m lang und 1,68 m hoch
und vortrefflich erhalten. Unten liegt lang ausgeftreckt Jeffe, der Vater Davids. Von
ihm gehen nach beiden Seiten Ranken aus, die fortlaufend einen breiten Rahmen um
das gleich zu befchreibende Mittelftück darftellen. Die Ranken tragen in den Runden,
die ihre Ausläufer bilden, in Blumenkelchen die Bruftbilder der Glieder des Stamm-
baums der Maria. Die Namen ftehen auf Spruchbändern, die fich an den Außen-
rändern aneinanderreihen. Das Mittelfeld nimmt eine lange Bank ein, in deren
Mitte Maria mit dem Jefusknaben (er trägt eine Dornenkrone!) und Mutter Anna
einander gegenüberfien. Rechts reihen fich zwei, links drei weitere heilige Frauen
mit ihren Kindern an. Kenntlich gemacht find fie durch ihre Namen in den Nimben.
Hinter der Bank werden zwifchen den Frauen die zugehörigen Männer fichtbar. Ihre
Namen ftehen auf dem großen Schriftband, das fich über ihnen, zwifchen ihren Köpfen
und der Stammbaumranke, in der vollen Breite des Mittelfeldes hinzieht. Da bilden
die Namen, durch Linienfpiele voneinander getrennt, eine dritte Zeile. Die beiden
erften Zeilen geben in lateinifchen Verfen das Notwendigfte zur Erläuterung der Fa-
milie der heiligen Anna: Anna viros habuit Joachim cleopham salomamque ufw. In
der Ecke links unten findet fich in gotifcher Minuskel die Jahreszahl mvcj (— 1501)
und daneben das Wappen der Hilgin oder Hilchen von Lorch; ein zweites gegenüber
in der Ecke unten rechts ift das der Familie von Diet. Als Stifter find ohne Zweifel
Johann Hilchen von Lorch und feine Gemahlin Agnes von Diet zu betrachten (f. Mzr.
Ztfehr.a.a. O.). Darnach ift der Teppich vermutlich auch in unferer Gegend entftanden.