Full text: Der Dom zu Mainz (B, [2], Band 2, Teil 1)

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Seitenflügel 
44 Baubefchreibung, Äußeres: Apfisgalerie 
das fünfte); die nächften fünf Kapitelle find wieder leer, und die drei legten (15, 16 
und 17) find Rankenkapitelle: die Ranken gehen dabei mitunter von Tiermasken an 
den Diagonalkanten aus; Nr. 15 hat an feiner Weftfeite ein flach behandeltes Untier 
in der Ranke und nach Norden (außen) einen knieenden Mann. 
Die Abbildungen (Tafel 7 ch) machen das einzelne deutlich. Wie man fieht, 
haben wir durchweg die Stufe des romanifchen Kapitells vor uns, die dem Kelchkapitell 
mit ftehendem Stengel- und Laubwerk, den Knofpenbildungen, der Diamantierung, 
den naturaliftifchen Motiven vorangeht. Zu alledem ift auch nicht einmal ein An- 
fat bemerkbar. Dazu ftimmt die fteile Form der Bafen, das häufige Fehlen der Eck- 
zehe, deren primitive Geftalt. Die hier ausgebreitete Dekoration verwertet vor allem 
das dreifträhnige Band, das in kurzen dreigliedrigen gekerbten oder in flacher Rundung 
gefüllten Blättern endet, dazu Fabelwefen und die Menfchengeftalt. Befonders be- 
zeichnend find die Adlerkapitelle. Ich habe an anderer Stelle!) ausführlich begründet, 
daß die befondere Art diefer Ornamentik in unlösbarem Zufammenhang mit der ober- 
italifchen des ausgehenden 11. und beginnenden 12. Jahrhunderts fteht. Insbefondere 
an den Kapitellen und Kämpfern, an Portalen und fonftigen gef&hmückten Bauteilen 
von S. Ambrogio in Mailand und feinen nächften Verwandten finden wir die [ymmetrifch 
angeordneten Tierpaare, Vierfüßler auf den Hinterbeinen, Vögel, die an der Krone 
eines Baumes picken, Drachen, Adler und Tiermasken wieder. Ebenfo begegnet uns 
dort das dreifträhnige Band mit den gekerbten Lilienendungen, die Palmette und die 
Traube wieder. Aber auch die Behandlung der Formen ift nahe verwandt: die Art, 
wie fich die Ranken teilen — von dem abgezweigten Strang greift ein Ausläufer zurück 
und umfchließt den Hauptftrang —, ferner das fpirale Einrollen der feitlichen Blatt- 
enden, das Ausgehen der Ranken von Tiermasken an den Diagonalfeiten der Kapitelle, 
die Zeichnung der Tiere — z. B. der Federn an den Adlern — u.a. m. Die nächft 
verwandten Bauwerke in Oberitalien gehören dem Ausgang des 11. und dem 
1. bis 3. Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts an, was wir einftweilen notieren. Wieweit 
diefe Beziehungen einen Schluß auf die Entftehungszeit der Oftapfis des Mainzer 
Domes erlauben, foll fpäter erörtert werden. 
Ich fahre in der Würdigung der Apfisgalerie fort. Die Säulen tragen Steinbalken, 
deren Profil fich aus Karniefen, Rundftäben, Kehlen, Plättchen zufammenfegt. Abb. 20 
verzeichnet die vorkommenden Folgen: am häufigften ift Nr. 5, die anderen tauchen 
nur vereinzelt auf. Auf diefen Steinbalken ruhen die Tonnengewölbe, deren radial 
geftellte Folge den Umgang deckt und als Bogenreihe in der Außenfläche der Apfis 
über den Säulchen erfcheint. Die Stirnbogen über den Säulchen find eingeftuft und 
mit einem flachen Karnies ausgeftattet. Die ganze Anordnung wird aus den Ab- 
bildungen 19 und 21 deutlich. 
Das Abfchlußgefims zeigt ein Zackenband aus übereckgeftellten Steinen und einen 
Rundftab. Die darüber folgende flach ausladende Kehle ift neu. Hinter der Apfis 
erhob fich auch urfprünglich fchon ein hoher Giebel mit fünf Nifchen. Über der mitt- 
leren war — offenbar flach vertieft — ein Kreuz in einem achteckigen Feld zu [ehen. 
Die Giebelfchrägen begleitete ein fteigender Rundbogenfries, und auf der Giebelfpige 
[aß ein Adler. So überliefert B. Hundeshagen diefe Architektur. Von alledem ift nur 
der Adler, und zwar in ganz zertrümmertem Zuftand erhalten (heute im Kreuzgang). 
Der ganze Giebel wurde 1876 erneuert. 
Die Seitenflügel des öftlichen Querbaus find im Gegenfat zur Mitte ungegliedert 
und faft fehmucklos. Nur im Erdgefchoß bilden die beiden Portale eine reicher aus- 
1) Vgl. den Bericht über den 10. Internationalen Kunfthiftorifchen Kongreß in Rom 1912. 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
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