Gotifche
Kapellen
Südfeite
62 Baubefchreibung, Äußeres: Gotifche Kapellen
Vorbaues an, tritt aber gegen diefes [ehwach zurück. Der breite Archivolt ift flach pro-
filiert; auf feinem Schlußftein fit in mächtiger Rokokokartufche das domkapitelfche
Wappen. Das ftark ausladende, lebhaft ge[Chwungene Gefims der Bogenkämpfer fegt
fich in mehrfacher Verkröpfung nach dem Innern des Vorbaues bis zur alten Seiten-
fehiffwand fort. Hier find die
Ecken der Pfeiler, die auf der
Weftfeite die gotifchen Pfeiler-
vorlagen der Marienkapelle
ummanteln, nach innen abge-
2 rundet. Die Weftwand der Vor-
ui N halle bildet die alte Abfchluß-
| mauer der Marienkapelle; auf
der Oftfeite führte ein mit fla-
chem Stichbogen abfCchließen-
„ des, jegt vermauertes Portal
“ nach dem einft zwifchen der
: Muttergotteskapelle und der
-— Vorhalle liegenden Raume, der
“ feit 1875 zum Innern der Ka-
pelle gezogen ift (für den älte-
ren Zuftand vgl. die Grundriffe
Abb. 30. Grundriß De Marktportals un er Vorhalle von genau EN
2 Abb. f. unten). Aufdem Schluß-
fteine des Bogens fit in einfacher Rokokokartufche wieder das domkapitelfChe Wappen.
Eingewölbt ift der Vorbau mit einer flachen Tonne, in die die von den abgerundeten
Ecken ausgehenden Stichkappen flach verlaufen.
Es ift nicht ausgefchloffen, daß wir in diefem Vorbau ein Werk Thomanns zu erblicken
haben,!) wenn auch bis jett noch die archivalifchen Belege fehlen. Thomann baute nach
dem Dombrand von 1767 in den Jahren 1769 ff. die nördlichen Kapellen um und fette
die Vafen auf die alten Strebepfeiler (f. Schneider, Dom, Sp 43). Die an den Vorbau
ftoßenden Domhäufer des Domgäßchens find nach Vogts, Mainzer Wohnhaus S. 122 f.,
ebenfalls in den Jahren 1768— 1770 erbaut, und zwar offenbar zugleich mit dem Vorbau
nach einem einheitlichen Plane; die Mittelachfe des Bogens der Vorhalle und die des
Domgäfchens fallen zufammen, und beiderfeitig ftoßen die Fluchten der Häufer des
Domgäßchens auf die Ecken des Vorbaues, der fo mit feiner hohen Bogenöffnung
einen wirkungsvollen Abfchluß des Domgäßchens bildet und zugleich auf diefer Seite des
Baues den an und für fich ziemlich verfteckten Eingang zum Dome kenntlicher macht.
An der Südfeite des Domes ift die Ausführung der Kapellenmauer weniger [org-
fältig. Neben dem romanifchen Sockel wurden auch viele Werkfteine der alten Seiten-
fchiffswand wieder verwendet. Man erkennt fie leicht an der Bearbeitung: fie find nicht
fo glatt wie die gotifchen Steine. Ferner find fie vielfach durch Steinmetgzeichen charak-
terifiert. Endlich find es zu einem guten Teil Kalkfteine, während die zweifellos gotifchen
Steine hier durchweg geflammte Sandfteine find. In den (älteren) weftlichen Teilen der
Kapellenwand find die romanifchen Quader übrigens häufiger als weiter nach Often zu.
L + + + + J
1) Die große Rokokokartufche auf dem Portalbogen des Vorbaues zeigt in ihren Formen
eine über den Zeitftiil hinausgehende Verwandtfchaft mit den Kartufchen am Haufe Markt
Nr. 10 und am Ofteiner Hof (Gouvernement), beide beglaubigte Bauten Thomanns (vgl. V ogts,
Mainzer Wohnhaus S. 84, und Lohmeyer, Trierfche Chronik, N. F. VII (1911) S. 155 £.).
zuftell