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Baubefchreibung, Äußeres: Weftquerhaus 69
bilden die äußeren Profile. Als Innenprofil, über den inneren Säulchen, dient ein
kräftiger Rundftab, dem fich nach außen eine flache Kehle anlegt. Niedrige Stufen
fegen die verfchiedenen Relieffchichten klar gegeneinander ab. In diefe Haupt-
gliederung find nun die eigentlichen Fenfterarkaden hineingeftellt: je zwei Bogen
auf drei Säulchen. Dabei ift auffallend, wie [chmal die lichten Öffnungen find, und
daß je die Mittelfäule ihr Kapitell erft in der Kämpferhöhe der Hauptarchitektur hat,
alfo höher ift, als die anderen Säulchen.
Hermann Giefau !) hat darauf hingewiefen, daß eine Reihe diefer Motive (die aus
Rundbogenreihen gebildeten Bogen, anfteigende Kleeblattbogenblenden u. a. m.) einer-
feits in Franken — Bamberg, Ebrach —, andererfeits in Sachfen und Thüringen — Halber-
ftadt, Arnftadt — wiederkehrt. Man beachte auch die beiden oberften Konfolen des
fteigenden Rundbogenfriefes auf unferer Tafel 19a: rechts fieht man einen Mann, der
feinen geteilten Bart in den Händen hält, links einen Adler. Auch diefe Bildungen
kommen fonft am Dom fo nicht vor. Giefau fcheint geneigt, anzunehmen, daß ein Stein-
met (oder mehrere Steinmegen gleicher Schulung) vom Mittelrhein aus diefe Dinge
weitergetragen hätte. Die künftlerifche Heimat der genannten Motive fieht er in Burgund.
Ich laffe zunächft beifeite, was fich aus diefer Beobachtung für die Beftimmung der
Entftehungszeit unferes Querhaufes gewinnen läßt. Unbeftreitbar ift folgendes. Die
Formen, um die es fich handelt, treten nur hier am Nordgiebel auf. Es liegt alfo am
nächften, anzunehmen, daß ein Meifter, dem man eine gewiffe Selbftändigkeit ließ,
ihr Urheber ift, während der ältere Architekt künftlerifch auf anderem Boden
ftand. Neben jenem arbeitete aber die Hütte in der Art, die wir am Südflügel gefunden
haben, auch hier weiter. Die fonftige Dekoration, die der Kapitelle, Friefe, Gefimfe,
ift nämlich die am ganzen Weftbau übliche. Überall finden wir die gelappten palmetten-
artigen Blätter; Stengel, diamantiert, die oben in Halbpalmetten enden; glatte, breite
Blätter, deren Rand unten konkav, dann umfchlagend gegen die Blattfpige konvex
gerundet ift, mitunter ebenfalls gelappt. Überall findet fich die fymmetrifche Stellung
der Blätter und Stengel, die Verflechtung, das ftarke, oft knaufartige Einrollen der
Spigen — alles fo, wie wir es am Südgiebel fChon beobachtet haben und am Chor
wieder antreffen werden.
Auch die Oftwand des Nordflügels hat ihren Strebepfeiler an der Außenkante: er
ift ebenfo gegliedert wie der benachbarte der Nordfront. Nur kommt hier, unten,
auch der Sockel zum Vorfchein, eine einfache oben abgefchrägte Wandverftärkung.
Innerhalb diefes Rahmens ift die Wandfläche durchV orlagen nichtgeteilt. Oberhalb. der
Seitenfchiff- und Kapellendächer werden zwei Fenfter fichtbar der am ganzen Weftbau
üblichen Art. Doch ift der eigentliche Bogen des Außenprofils reicher gefchmückt: Die
Kante der fonft überall rechtwinkligen Eintreppung ift durch ein Profil aus Karnies und
Rundftab erfegt. Etwas oberhalb Kämpferhöhe find die Glieder diefes Profils in leichten
Bogen nach vorn, nach der Kante zu geführt, wo fie in einer Spige zufammenlaufen
([. Tafel 19b). Diefe wie alle Profile und Einzelformen hier haben beim Brand der
Seitenfchiff- und Kapellendächer (1767 und 1793!) fehr ftark gelitten. Unmittelbar
oberhalb der Fenfter legt fich der Wandfläche gewiffermaßen eine zweite Schale vor.
Sie befteht aus einer Reihe von Blendbogen auf Konfolen, ift dann horizontal mit einem
Viertelftab abgedeckt und trägt eine Blendarkade, deren Säulchen fich eigentümlich aus
jenem Viertelftab herauslöfen ; oben find fie durch eine Reihe kleiner Bogen verbunden.
‘) Eine deutfche Bauhütte aus dem Anfange des 13. Jahrhunderts = Studien zur thüringifch-
fächfifchen Kunftgefchichte. Herausgeg. vom Thüringifch-Sächfifchen Gefchichtsverein. Heft I.
Halle a.S. 1912. S. 59.
Oftfeite