Full text: Der Dom zu Mainz (B, [2], Band 2, Teil 1)

     
    
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
   
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
74 Baubefchreibung, Äußeres: Weftchor 
Die Galerie der Konchen zeigt an jeder Seite drei größere Bogen, deren Profil fich 
aus Karnies und Rundftab zufammenfegt. Dem Rundftab diefes Profils ent[pricht an 
den Eckpfeilern der Arkade je ein in die eingeftufte Kante eingeftelltes Säulchen. Die 
freiftehenden Pfeilerchen haben einen übereckgeftellten Kern, dem vier Säulchen zu- 
geordnet find. So wird auch hier der Rundftab des Bogenprofils jedesmal von einem 
Säulchen aufgenommen. In diefe höhere Ordnung ift nun je ein einmal eingeftufter 
Doppelbogen eingeftellt, der je in der Mitte auf Doppelfäulchen, weiter auf den frei- 
ftehenden Pfeiler-Säulengruppen unmittelbar und an den Außenpfeilern wiederum auf 
Säulenpaaren fußt, die diefen vorgefegt find. So ergibt fich der übliche reizvolle 
Rhythmus. Auffallend bleibt nur, daß die Teilung nicht zu der Teilung des Tafelfriefes 
darunter ftimmt (vgl. Tafel 22, den Grundriß Abb. 34 und die Perfpektive Abb. 35). 
Die Säulchen der Galerie haben — ebenfo wie die Säulchen des Tafelfriefes — 
attifche Bafen mit Eckblatt: es ift ein kleines Blatt, das fich von oben an den unteren 
Wulft anlegt. Der obere Wulft befteht hie und da aus zwei Ringen. Die Kapitelle find 
nicht alle fertig gearbeitet; aber auch die fertigen find fehr derb, zum Teil direkt roh 
behandelt. Es find durchwegBlattkapitelle, und zwar habe ich beobachtet: aus gemein- 
famer Scheide aufwachfende, teils glatte, teils gekerbte Blattftengel in [ymmetrifcher 
Anordnung; diamantierte Bänder, die in lilienblattähnliche Gebilde auslaufen; breite 
Lilienblätter, in der Mitte fenkrecht gefurcht, und ebenfolche halbe Blätter; das breite, 
glatte Blatt, deffen Ränder oben konvex zur Spige zufammengeführt, in der unteren 
Hälfte konkav eingezogen find, bisweilen mit fenkrechtem Mittelgrat oder fenkrechter 
Mittelfurche: wo diefe Blätter aneinandergereiht auftreten, bilden fie ein Zangenmotiv; 
ähnliche Blätter mit fehr hoher konkaver Einziehung der Seiten und eingerollter knollen- 
artiger Spitze; endlich Spielarten zwifchen allen diefen und die mannigfachften Verbin- 
dungen. Wenn man dies (mit Hilfe der Abbildungen auf Tafel 23) mit dem Schmuck 
der beiden Querhausgiebel (Tafel 16 und Tafel 19a) vergleicht, wird man fehr 
rafCh inne werden, wie nahe fich die Arbeiten hier und dort ftehen. Die Kapitelle der 
Säulchen am Tafelfries gehören derfelben Art an. Das Profil der Deckplatten über 
den Kapitellen der Galerie ift aus den angeführten Abbildungen zu erfehen. 
Im Innern der Galerie ift den übereckgeftellten Pfeilerchen auf derfelben Bank eine 
innere Ordnung vierfeitiger Pfeiler mit ausgekehlten Kanten beigegeben, die unter 
fich und mit den Eckpfeilern durch Bogen verbunden das Tonnengewölbe tragen. 
Das alles ift rheinifch, der Tafelfries, die Galerie mit den übereckgeftellten Pfeiler- 
chen, die ganze Art des Schmucks.!) 
Den Ecken der Konchen find je zwei Säulchen übereinander vorgeftellt, durch das 
horizontal fortlaufende Kämpferprofil mit der Architektur der Galerie zufammenge- 
bunden. Sie tragen den zweiten Rundbogenfries, der oben das Galeriegefchoß begrenzt. 
Es ift ein Rundbogenfries aus Platten auf gefchmückten Konfolen; die Bogen find hier 
zierlich profiliert (feine Stufe und Karnies). Das Hauptgefims zeigt einen mit Blatt- 
werk (in wechfelnden Muftern) belegten Karnies und Platte. 
Mit beiderfeits [Chräg abgewalmten Pultdächern, deren Geftalt fehwerlich ganz der 
urfprünglichen entfpricht, find die Konchen an den Mittelbau des Chores angefchloffen. 
Die drei Giebel des kreuzförmigen Daches über den Konchen find mit fteigenden 
Rundbogenfriefen und Radfenftern ausgeftattet. Die Rundbogenfriefe find am Nord- 
und Südgiebel befonders zierlich behandelt: Säulchen bilden die fteigenden, verlängerten 
Schenkel der Bogen, und ihre Konfolen dienen wie die ebenfo geftalteten Kapitelle 
zugleich den anfchließenden Bogen als Auflager (Abb. 26h und Tafel 17). 
') Befonders nahe verwandt erfcheint das Langhaus der Pfarrkirche zu Boppard. 
  
   
III SS
	        
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