BÜDINGEN MIT GROSSENDORF
Der Eckturm misst aussen nahezu 17 innen durchschnittlich 8 m im Licht;
der Raum war der Höhe nach durch starke Balkenlagen in 4 Geschosse geteilt,
das oberste Geschoss ist überwölbt, und der Gewölbrücken bildet nach oben ein
flaches Dach, das von einem breiten, ebenen Umgang nebst hoher Zinnenbrustwehr
rings umzogen ist. Der Geschossteilung entsprechen die Schiessschartenreihen.
Hinter diesen sind feste, gewölbte Geschützkammern in der Dicke der mehr als
4 m starken Quadermauern angebracht, und eine darin ausgesparte Wendeltreppe
verbindet die Plattform und die 4 Stockwerke des Turmes, von welchen aus die
in gleicher Höhe liegenden gewölbten Gänge der Streichwehr allein zugänglich sind.
Der Gefängnisturm steht nur in der Höhe seiner mit Zinnen bewehrten
Plattform mit der obersten, unbedeckten Streichwehr und dem grossen Bollwerk
in unmittelbarer Verbindung; auch gelangt man vom hohen Wall der östlich
anschliessenden Stadtmauer in das obere Gewölbe und mittels einer Wendelstiege auf
die Plattform des Turmes, welcher von dem zur Hälfte vorspringenden Treppentürmchen
überragt wird. In das untere Turmverliess, das ohne Zweifel noch der alten Stadtbe-
festigung vom Ende des 14. Jahrhunderts angehört, führt blos die im Gewölbescheitel
ausgesparte vergitterte Öffnung vom Obergeschoss aus; und die Decke desselben, welches
vermutlich gleichzeitig mit dem grossen Bollwerk hergestellt wurde, ist ebenso wie
das Dachgewölbe des letzteren mit einer Öffnung versehen. Der hohe gewölbte
Raum hat 6 m lichte Weite und fast 2 m dicke Mauern. An den Wänden sind
viele Namen und Jahreszahlen eingeritzt. In diesem Turm schmachteten die der
Hexerei angeklagten Unglücklichen, die dem auch in Büdingen herrschenden Aber-
glauben des 17. Jahrhunderts in namhafter Zahl zum Opfer fielen;*) noch heute
heisst der Bau deshalb »Hexenturm«.
Ganz ähnlicher Bauart wie der Turm Il an der nordwestlichen Ecke, jedoch
von etwas weniger grossen Abmessungen, ist der Turm IV an der nordöstlichen
Ecke der Neustadtmauern. Er heisst im 16. und 17. Jahrhundert der »dicke
Turm« und wird durch eine Wendeltreppe
erstiegen, zu ’der man nur von der Höhe
des Walles aus gelangt. An der Seite gegen
das Gebück ist über einer Schiessscharte
die nebenstehende Inschrift angebracht.
Ihr Wortlaut, ähnlich dem üblichen Schluss
der Grabschriften, lässt darauf schliessen,
dass sie zur Erinnerung an einen a
würdigen Todesfall, der ANNO 2 ONI?! (d. i. 1511) vorgekommen wäre, ein-
gehauen ist. Denn nur als XI kann die Ziffer vor GOT und das Zeichen am Schluss
als die übliche Abkürzung für etc. gedeutet werden. Mit dieser Zeit ızı1 steht
auch der Charakter dieser Schriftzeichen völlig im Einklang. Die Erklärung des
einzeln stehenden L über der Inschrift muss dahingestellt bleiben, wenn man darin
nicht eine Beziehung zu dem 1511 verschiedenen Graf Ludwig, unter dem das
Bauwerk begonnen und vollendet wurde, vermuten will. Es stammt allem Anschein
Thudichum, Rechtsgesch. d. Wetterau I. S. 37.
)/
Gefängnisturm
Nordöstlicher
Turm