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Chor-Gestühl
64 KREIS BÜDINGEN
Gemahlin Marie von Nassau ausser zahlreichen anderen Bauten in Burg und Stadt
auch diese Kapelle errichten liessen. Die fünf runden Schlusssteine im Schiff sind
durch gemalte von Schriftbändern umgebene Brustbilder von Kirchenvätern, die zwei
vierpassförmigen im Chor durch die Darstellung vom Lamm Gottes und durch das
Brustbild des Schutzheiligen, Johannes des Evangelisten, ausgezeichnet. Die ursprüng-
lichen Umrisse und Farben sind noch ziemlich gut erhalten; die Zeichnung und
die Buchstaben der Schriftbänder, deren Sinn nicht zu enträtseln ist,*) lassen auf
die Entstehungszeit um 1500 schliessen.
Das trefflich geschnitzte eichene Gestühl der Schlosskapelle stammt von 1497
bis 1499. Dies bekundet der noch vorhandene Brief über Verding und Ablohnung
der Schnitzarbeit**), laut dessen Inhalt »peter schanntz vnnd michell Silge, Bede
vonn Worms, bekennen vnnd allermeniglich kunth thun«, dass sie auf Sonntag
nach unsres Herrn Leichnamstag des sieben und neunzigsten Jahres von dem wohl-
eeborenen Herrn Ludwig von Ysenburg, Grafen zu Büdingen, das Geding ange-
nommen haben, »ein gestultz« in der Kapelle des Schlosses Büdingen bis Martini
des folgenden Jahres für fünfzig Goldgulden ausser Vergütung der Kosten anzufertigen.
Da indes die beiden Bildschnitzer bis Sonntag nach Erhardi des neun und neunzigsten
Jahres damit zu thun hatten, auch »die angefangte Arbeit im Chore etwas schimbarlicher vnd
besser... dann angedingt« von ihnen gemacht worden war, so liess ihnen seine Gnaden nicht
allein den vereinbarten Lohn und weitere ihnen zugesagte ı2 Gulden reichen, sondern noch
40 Goldgulden »zu einer Vererunge« ausbezahlen.
Am künstlichsten und schönsten sind die zwei sechssitzigen Stuhlreihen im
Chor der Kapelle gearbeitet. Das Gestühl der Südwand veranschaulicht die ange-
heftete Tafel III, und ähnlich erscheint das an der Nordwand. Die Rückwand-Täfelung
ist, der Sitzanordnung entsprechend, in Felder eingeteilt, in deren spitzbogigen
Füllungen die mit Spruchbändern umwundenen Brustbilder von kirchlichen und
weltlichen Personen mit reichem Masswerk und Wappenschmuck abwechseln. Die
ausgebogenen Armlehnen werden von phantastischen Thiergestalten getragen;
solche sind auch an den Wangen der Betpulte angebracht, deren Vorderwände
rhythmisch geordnetes Fischblasenmasswerk ziert CRaf.: HL;-u. IV... bei 8.86) Ein
durchgehender, reicher Baldachin überragt das Stuhlwerk; doch fehlen die Kreuz-
blumen und Spitzen der krönenden Wimperge und Fialen. Besonders prächtigen
Schmuck haben die Stirn-Enden des Gestühls: die beiden östlichen Enden, nach
aussen üppig wucherndes Rankenwerk, nach innen die mit ihren Abzeichen versehenen
Fieuren der h. Katharina einerseits, der h. Agnes andrerseits; die beiden sich
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gegenüber stehenden vorderen Enden im oberen Teil, nach aussen die Gestalten
Johannes des Evangelisten und Johannes des Täufers, nach innen die der h.
Barbara und des h. Sebastians, in den unteren tief ausgegründeten Füllungen
die Wappen Ludwigs II. und seiner Gemahlin Maria von Nassau. Ausserdem
sind die Wappen des ältesten Sohnes Philipp und seiner Gemahlin Amalie von
Rieneck in der Ecke des umstehend abgebildeten Stuhlwerks angebracht und
*) Diese Inschriften gehören zur Gattung derer, die (nach Otte: Kirchl. Kunst-Arch, I. S. 449) entweder rein
dekorativer oder kryptographischer Natur sind.
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*%) Crecelius, Anzeiger f. Kunde d. deutschen Vorzeit. N. F. III. S, 369 und Meyer, Gesch. d. Stadt u.
Pfarrei Büdingen. S. 76.