Full text: Kreis Friedberg ([C, 2])

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FRIEDBERG 93 
Von den 17 Altären, welche einst in der Kirche aufgestellt waren, ist nur 
noch der steinerne Tisch des Hauptaltares an seinem ursprünglichen Platze im 
Chore vorhanden, der sich durch seine spitzbogigen Maasswerkverzierungen als ein 
Werk gothischer Kunst zu erkennen giebt. Der als Aufsatz zu ihm gehörige Schrein, 
ein grosses Triptychon aus Holz mit Malereien, befindet sich jetzt im Museum zu Darm- 
stadt. Die mittlere Haupttafel dieses Schreines, zu dem leider der eine Flügel vollständig 
fehlt und an dem einzelne Bilder ausserdem in recht bösem Zustande sind ‚ hat eine 
Breite von 3,30 m und eine Höhe von 1,54 m; sie trägt zwei giebelförmige Tafeln, 
denen entsprechend auch die verschliessbaren Flügel mit bemalten Giebelaufsätzen 
versehen waren. Die in Tempera auf einem Kreidegrund, dessen Leinwand auf 
Holztafeln geklebt ist, hergestellten Malereien der einzelnen Theile sind sehr verschieden- 
werthig; eines Meisters Hand hat die Hauptfiguren der grossen Altartafel nebst 
der ihr zugehörigen Malerei auf dem noch vorhandenen Flügel — der rechte Flügel 
fehlt — ausgeführt, während die übrigen Bilder zwar anscheinend gleichzeitig und 
in derselben Werkstatt, aber von anderen Händen, vielleicht von Gehülfen, gemalt sind. 
Die Haupttafel stellt in dem höheren untern Felde aufGoldgrund die Kreuzigung 
mit Maria und Johannes und 6 Apostel in halber Lebensgrösse dar (Taf. IX 
und X), während die oberen niedrigeren Felder 6 Brustbilder mit Schriftbändern 
enthalten, die jedoch von einer andern, weniger kunstfertigen Hand, ausgeführt 
sind. Die unteren Gestalten sind, wie in übertriebenem Masse der Gekreuzigte, 
in den Verhältnissen etwas zu schlank, aber in der Behandlung des ruhigen, 
würdig ernsten und gemessenen Gesichtsausdruckes und der in grosse Falten gelegten 
Gewänder ebenso gut, wie in dem weichen , flüssigen Auftrag der Farben. Der 
ruhige, edle, in sich gekehrte Schmerz des schönen Marienantlitzes (Taf. X) ist 
nicht minder vollendet, wie die kräftigere Charakteristik des Petrus und der anderen 
Jünger. In dem Goldgrund der Kreuzigungsgruppe sind innerhalb der Umrahmungen 
Engelsgestalten mit vertieften Punkten dargestellt, deren zwei das Blut Christi in Gefösse 
auffangen, und unter dem Kreuze in Tempera die winzigen Gestalten der Donatoren, 
eines Geistlichen und zweier Nonnen, von denen wir in der einen die Acbtissin 
des Patronatsklosters Ruprechtsburg bei Bingen zu erkennen haben. Bei geöffnetem 
Schreine zeigten die beiden Thüren in gleicher Behandlung die Gestalten der übrigen 
Apostel. Jede der unteren ausserhalb der Mittelgruppe befind 
lichen Figuren ist in 
einem besonderen Felde dargestellt, dessen Rahmen aus vergol 
detem Gips sich aus 
kleinen Medaillons mit den Darstellungen des Pelikans, eines Adlers und anderer 
Muster zusammensetzt. In diesem Bilde bietet der Altar neben dem Nieder- 
Erlenbacher Triptychon das Beste, was die Wetterau uns an al 
erhalten hat. Freilich haben 
tdeutschen Malereien 
wir in ihm keine Arbeit heimischer Künstler vor 
uns, sondern wir haben den Meister zweifellos in der Rheingegend zu suchen, 
wo ja auch die eine Stifterin ihren Wohnsitz hatte; Schnaase will in dem Bilde 
den Einfluss der Kölnischen Schule erkennen. ') Es mag kurz nach der Mitte des 
Die übrigen recht mittelmässigen Bilder des 
Altares stellen Scenen aus dem Leben der Maria dar. 
15. Jahrhunderts entstanden sein. 
I) Schnaase, Gesch, der bildenden u. s. w. Bd. VI. 2. Aufl. Düsseldorf 1874. S. 479. 
Hauptaltar 
  
  
 
	        
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