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dessen äussere Mauer mit dicht aneinander gesetzten runden Nischen versehen ist.
Vor diesem Zwinger befindet sich heute im Burggarten ein Graben, dessen östliche
Böschung sich in der Höhe der äusseren Umfassungsmauer zu einem Wege abflacht,
unter dem die ehemaligen Gewölbe der Thürme und in der Mauer die Schiessscharten
noch vorhanden sind. Von jenem zweiten Zwinger aus waren zwei Zugänge nach der
inneren Burg durch zwei gewölbte Räume hergestellt. Ein grosser mittlerer, überhalb-
runder und zwei halbrunde Eckthürme, von denen die letzteren tiefer unten wieder mit
Spitzen vortretende Schanzen vor sich hatten, vervollständigten die Wehranlage an dieser
Seite. Der mittlere Thurm hatte eine jetzt zugemauerte rundbogige Ausfallpforte
nach dem äussersten Burgabhange zu.
Wir haben uns nun noch mit den beiden Thorbauten und dem mächtigsten Boll- Das vordere Thor
werk der Burg, dem »dicken Thurme«, zu beschäftigen. Mit der Stadt verband die Burg
das vordere oder südlich gelegene Thor (Fig. 70 und 71). In den oberen Theilen noch
wohl erhalten, deutet die Anlage durch die steinerne Brücke, welche von der Stadt über
den Graben zur Burg hinüberleitet, doch an, dass ihr Zweck kein kriegerischer mehr ist.
Von der Staatseite aus gesehen, erscheint das Thor als ein mehr breiter als
hoher Bau, der einen zweigeschossigen mit Walmdach und Giebel bekrönten Mittelbau
mit spitzbogiger Thoröffnung und zwei runde Seitenthürme hat. Die Thoröffnung liegt in
umrahmtem viereckigem Felde und hat ein aussen mit Hohlkehlen zwischen Stegen profi-
lirtes Sandsteingewände, hinter dem an der Innenseite die stei-
| | x L | nernen Pfannen für das Thor noch vorhanden sind (Fig. 72).
Die rechteckige Einfassung hat ein Profil aus Hohlkehle und
Y Schräge. Das obere Stockwerk ist etwas vorgekragt; ein
TT3 N, Profil aus schmaler Schräge und tiefer Hohlkehle bildet den
unteren Saum. Die Thorthürme haben spitze Helme, die
wie das Dach mit Schiefer bekleidet sind. Schiessscharten
für Büchsen befinden sich an allen drei Theilen. Westlich
Fi. v2. Kreide neben dem Östthurme des Thores ist eine spitzbogige
Profild. vord. Burgthores. Pforte angebracht, welche zu einer in der Höhe der Brücke
zu dieser führenden Gallerie gehört. Hier konnte der
Wächter jeden Ankommenden abfertigen, der sich ee
vor dem Eintritt in die Burg auszuweisen hatte. : ARE!
Ueber den Ecken des am Mittelbau aufsteigenden
Gesimses sind zwei Konsolen angebracht, die eine
mit einem Kelchkapitäl aus Blattwerk, die andere
mit einem weiblichen Brustbilde mit Wappen. Ueber
dem Thore sieht man einen Vierpass mit spitzen
Winkeln an den Seiten (Fig. 73), dessen Inschrift in
gothischen Minuskeln lautet: frit jun ba) ich. 1493.
Der Stein soll am Gewölbe des Kaisersaales in dem
1684 eingestürzten vordersten Burgthurme ver-
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wendet gewesen sein. 1) Ueber der Thornische Vierpass am vordern Burgthore.
ı) Dieftenbach a. a. ©. S. 28r.