Full text: Kreis Friedberg ([C, 2])

GAMBACH 127 
Vorstellung einer gewölbten Kirche dadurch stören, dass ihre Kämpfer nicht in 
Beziehung zu den tragenden Holzsäulen gebracht sind. 
Die durch die Emporenanlage nothwendig gewordenen unteren Fenster sind 
innen mit einem Stichbogen, aussen mit geradem Sturze überdeckt, während die 
oberen innen und aussen Stichbogen haben. 
Unter und über den Emporen sind die Decken mit Stuckarbeit, die Spiegel 
mit Medaillons in profilirten Rahmen zeigt, geschmückt. 
Der an der Westseite angebrachte Thurm trägt einen dreistöckigen, mit 
Schiefer bekleideten Holzhelm, der mit einer Pyramide abschliesst. Das Langhaus 
der Kirche ist mit einem Mansardendach versehen. 
Die drei im Norden, Süden und Westen angebrachten Portale sind rundbogig, 
innerhalb eines nur wenig vortretenden aus Pilastern mit ionisirenden Kapitälen, 
geradem Architrave und Giebelaufsatz versehenen Rahmens in etwas trockenem, 
schlichten Barockstile. Auf dem Architrave des westlichen (Thurm-) Portales ist 
folgende Inschrift eingehauen : 
Diese » Kirch - ist » erbauet . worden - 1703 - zur » Zeit - der - Regierung . 
des - welland - Ho: G- B:| Graffen- v: Ho. Wilhelm Murisen : Reis:G zu. 
S Dreunfels-u. der: DL: Gmalin| Frau Magdalena Suphia -G- B: Princesin. 
aus:d: F: Haus: Hessen - Drm - Stat - 
Hat der Erbauer durch jene schablonenhafte Verwendung der alten christ- 
lichen Raumformen für die veränderten Bedürfnisse des protestantischen Cultus zwar 
seinem Baue äusserlich den Charakter eines christlichen Gotteshauses zu wahren 
gewusst, wenn auch in lebloser nüchterner, mehr künstlicher als künstlerischer Ge- 
sammterscheinung, so kann dieser doch nicht im Mindesten als eine gelungene 
Lösung der gestellten Aufgabe gelten, da die ursprünglich aus dem Cultusbedürfniss 
hervorgegangenen Raumformen hier ihre ideale Bedeutung verloren haben, indem 
sie an sich profanen Verkehrszwecken im Innern der Kirche dienen und dadurch 
zu einer ästhetischen Lüge missbraucht sind. 
Einige Fliesen der Kirche mit Laubwerkmuster sind Reste aus der ehemaligen 
gothischen Kirche. 
Unter den Abendmahlsgefässen befindet sich ein schlichter silberner Kelch, 
der unter dem Fussrande in Cursivschrift und lateinischen Majuskeln die eingravirte 
Inschrift zeigt: 
Zur Zeit Der Regierung Des Hoch Geb - Graf -V- Hr - Hr - Wilhelm 
Moritz Gr - zu Solm - Br - Hoing - Teck - Ling -v. SCV- Hr - Muntz - Rb- Pill - 
Dorsw -v- Beau - hat Die Gemeind- Gamb-D- Kelch machen Lassen - 1714. 
Die eingeschlagenen Beschau- und Meisterzeichen sind unbekannt. 
Unter den meistens verputzten Holzhäusern zeigt ein der Kirche gegenüber 
gelegenes noch ein Doppelfenster mit Schnitzwerk, welches Ranken mit Blättern und 
Weintrauben und Flechtornamente darstellt, andere noch Reste von solchem an Pfosten 
und Füllbrettern. Die Bauweise der Häuser ist die im nördlichen Theile des 
Kreises übliche mit den an anderer Stelle geschilderten hölzernen Hofthoren, von 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
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